Ankara. Bislang hatte sich Präsident Erdogan nicht zum Fall Yücel geäußert. Am Freitagabend holte er dann zum Schlag gegen Deutschland aus.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu als „deutschen Agenten“ bezeichnet. „Als ein Vertreter der PKK, als ein deutscher Agent hat sich diese Person einen Monat lang im deutschen Konsulat versteckt“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Freitagabend in Istanbul. „Einen Monat lang haben wir gesagt, übergebt ihn uns, er soll vor Gericht gestellt werden.“

Es ist das erste Mal seit der Verhaftung Yücels, dass sich Erdogan zu dem Fall zu Wort meldet. Der deutsch-türkische Journalist hatte sich im vergangenen Monat selber ins Polizeipräsidium in Istanbul begeben, weil nach ihm gefahndet wurde. Er wurde festgenommen und nach 13 Tagen in Polizeigewahrsam in Untersuchungshaft genommen und sitzt im Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul. Ihm werden Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen. Die Verhaftung des Korrespondenten hatte scharfe Kritik in Deutschland hervorgerufen.

U-Haft für Journalist sorgt für Spannungen mit Türkei

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    Erdogan betont Unabhängigkeit der Justiz

    Erdogan sagte bei einer Preisverleihung in Istanbul, er habe Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Yücels Festnahme gesagt: „Wenn wir die Terroristen von Euch wollen, was sagt Ihr uns da? Ihr sagt: ‘Die Justiz ist unabhängig und unparteiisch.’ Im Moment vertrauen wir unserer unabhängigen und unparteiischen Justiz. Gebt ihn uns und er soll vor Gericht. Zuerst haben sie ihn uns nicht übergeben. Aber später haben sie ihn uns irgendwie doch übergeben.“

    Wie Erdogan das genau meinte, blieb zunächst unklar. Yücel hatte sich freiwillig gestellt. Erdogan fügte am Freitag hinzu, die Justiz sei ihrer Aufgabe nachgekommen und habe Yücel verhaftet. Merkel war vor rund einem Monat in Ankara gewesen. Erdogan kritisiert immer wieder, dass Deutschland türkische Terrorverdächtige nicht ausliefere.

    Erdogan äußert sich erstmals zu Auftrittsverboten

    Erdogan kritisierte außerdem die Absage der Auftritte türkischer Minister in Deutschland, die dort für das ihm angestrebte Präsidialsystem werben wollten. „Sie lassen unseren Justizminister nicht zu Wort kommen. Sie lassen unseren Wirtschaftsminister nicht zu Wort kommen.“ Die Verantwortlichen müssten wegen „Beihilfe zum Terror vor Gericht kommen. Das liegt so offen auf der Hand.“ (dpa)

    Bundesweite Demos für Deniz Yücel

    Demonstranten halten am Dienstag vor der Türkischen Botschaft in Berlin Schilder mit der Aufschrift
    Demonstranten halten am Dienstag vor der Türkischen Botschaft in Berlin Schilder mit der Aufschrift "#FreeDeniz" für die Freilassung des deutschen Journalisten Deniz Yücel in die Höhe. Yücel war seit dem 13. Februar in türkischer Polizeigewahrsam. Am Montag verhängte ein Richter Untersuchungshaft für den „Welt“-Korrespondenten. © dpa | Gregor Fischer
    In Deutschland ist die Empörung über die Verhaftung des Yücels in der Türkei groß.
    In Deutschland ist die Empörung über die Verhaftung des Yücels in der Türkei groß. © dpa | Kay Nietfeld
    Mit einem Autokorso demonstrieren Berliner am Dienstag für seine  Freilassung.
    Mit einem Autokorso demonstrieren Berliner am Dienstag für seine Freilassung. © dpa | Kay Nietfeld
    Die gegen Yücel in der Türkei verhängte Untersuchungshaft hat bei Regierung, Parteien und Journalistenverbänden Unverständnis und Empörung ausgelöst. Auch der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte am Montag vor der Türkischen Botschaft in Berlin Solidarität mit dem Journalisten.
    Die gegen Yücel in der Türkei verhängte Untersuchungshaft hat bei Regierung, Parteien und Journalistenverbänden Unverständnis und Empörung ausgelöst. Auch der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte am Montag vor der Türkischen Botschaft in Berlin Solidarität mit dem Journalisten. © dpa | Gregor Fischer
    In zahlreichen Städten forderten Demonstranten mit Autokorsos eine Freilassung Yücels und anderer inhaftierter Journalisten. Auch Fahrrad- und Motorradfahrer nahmen an dem Protest teil.
    In zahlreichen Städten forderten Demonstranten mit Autokorsos eine Freilassung Yücels und anderer inhaftierter Journalisten. Auch Fahrrad- und Motorradfahrer nahmen an dem Protest teil. © dpa | Kay Nietfeld
    In Berlin beteiligten sich laut Polizei rund 300 Menschen mit etwa 100 Autos an der Aktion.
    In Berlin beteiligten sich laut Polizei rund 300 Menschen mit etwa 100 Autos an der Aktion. © dpa | Kay Nietfeld
    #FreeDeniz -Schilder waren auch an Bussen im niedersächsischen Hannover zu sehen.
    #FreeDeniz -Schilder waren auch an Bussen im niedersächsischen Hannover zu sehen. © dpa | Ole Spata
    "Pressefreiheit - überall auf der Welt!" © dpa | Ole Spata
    Plakate mit dem Porträtfoto des „Welt“-Korrespondenten wurden im Fenster des Cafés der Tageszeitung „taz“ aufgehängt.
    Plakate mit dem Porträtfoto des „Welt“-Korrespondenten wurden im Fenster des Cafés der Tageszeitung „taz“ aufgehängt. © dpa | Kay Nietfeld
    Auch in Hamburg gingen zahlreiche Menschen auf die Straße und demonstrierten für die Freilassung des Journalisten.
    Auch in Hamburg gingen zahlreiche Menschen auf die Straße und demonstrierten für die Freilassung des Journalisten. © dpa | Axel Heimken
    Ähnliche Aktionen gab es auch in der bayerischen Landeshauptstadt München: Hier wehte unter anderem ein Luftballon mit der Aufschrift
    Ähnliche Aktionen gab es auch in der bayerischen Landeshauptstadt München: Hier wehte unter anderem ein Luftballon mit der Aufschrift "Free Deniz" an der Scheibe eines Autos in einem Autokorso. © dpa | Matthias Balk
    In mehreren Tageszeitungen wurde am Dienstag für Yücels Freilassung plädiert.
    In mehreren Tageszeitungen wurde am Dienstag für Yücels Freilassung plädiert. © dpa | Michael Kappeler
    #FREEDENIZ stand in großen Lettern am Dach des Axel Springer-Hochhauses, dem Redaktionssitz der „Welt“.
    #FREEDENIZ stand in großen Lettern am Dach des Axel Springer-Hochhauses, dem Redaktionssitz der „Welt“. © dpa | Kay Nietfeld
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