Washington. Hat Donald Trumps Team bereits vor der Wahl im November Kontakte zu Russland gehabt? Neue Medien-Berichte belasten den US-Präsidenten.

  • Einem Medienbericht zufolge hat Trumps Team vor der Wahl Kontakte zu Russland gehabt
  • Beweise hat die „New York Times“ für die Anschuldigungen noch nicht veröffentlicht
  • Der US-Präsident reagierte erbost und sprach auf Twitter von „Verschwörungtheorien“

Eliot Cohen bemühte am Mittwoch das Wetter, um das russische Dilemma zu beschreiben, in dem Donald Trump steckt. „Es hing bereits eine Wolke über seiner Regierung“, sagte der frühere Berater von Präsident George W. Bush, „und die ist jetzt noch dunkler geworden.“

Was Cohen meinte, steht prominent in der „New York Times“ und legt den Eindruck nahe: Mit dem Abgang des durch seine verbotene Moskau-Diplomatie verbrannten Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn ist für den seit gerade einmal vier Wochen amtierenden US-Präsidenten das Russland-Kapitel alles andere als erledigt.

Trumps Team soll vor der Wahl Kontakte nach Russland gehabt haben

Unter Berufung auf ehemalige und amtierende Regierungsvertreter berichtet das Blatt über einen Umstand, den das Trump-Lager vehement bestreitet: dass etliche Strategen aus dem Umfeld des New Yorker Milliardärs bereits im vergangenen Jahr – also vor der Wahl – intensive Kontakte zu ranghohen russischen Geheimdienstmitarbeitern hatten. Von amerikanischen Geheimdiensten mitgeschnittene Gespräche sollen das zweifelsfrei belegen können.

Auffällig am heißen Draht zwischen Trump-Leuten und russischen Stellen: die Gespräche häuften sich „etwa zu derselben Zeit“, als die Bundespolizei FBI und andere US-Organe intensiv Hinweisen nachgingen, dass vom Kreml gesteuerte Computer-Hacker Trumps demokratische Rivalin Hillary Clinton ins Visier genommen haben und die Präsidentschaftswahl am 8. November stören wollten. Trump wischte die Anschuldigungen gestern via Twitter beiseite: „Die Fake-News-Medien drehen durch mit ihren Verschwörungstheorien und ihrem blinden Hass.“

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„New York Times“ hat noch keine Beweise veröffentlicht

Eindeutige Beweise für eine Kooperation zwischen Trump-Leuten und Russland hat die New York Times bisher nicht präsentiert. Auch bei den Namen der Beteiligten hält man sich zurück. Mit einer Ausnahme. Paul Manafort, bis zum verganenen Sommer Trumps Wahlkampf-Chef, taucht als Verbindungsmann auf.

Manafort hatte in der Ukraine für den ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch die Fäden gezogen. Als öffentlich wurde, dass Manafort zwischen 2007 und 2012 knapp 13 Millionen Dollar Bargeld für seine Dienste erhalten haben soll (was er dementiert), zog Trump eine Brandmauer und tauschte Manafort gegen seinen heutigen Top-Berater Stephen Bannon aus.

Zu den neuerlichen Anwürfen in der „New York Times“ sagte der 67-jährige Manafort: „Ich habe niemals wissentlich mit russischen Geheimdienstbeamten gesprochen und ich war niemals an irgendetwas beteiligt, das mit der russischen Regierung oder der Verwaltung von Präsident Wladimir Putin oder den anderen Angelegenheiten zu tun hat, die heute Gegenstand von Untersuchungen sind.“ Ähnlich äußerte sich der Kreml. Putins Sprecher Peskow nannte die Medienberichte spekulativ. „Sie basieren nicht auf Fakten.“

Kongress bildet Untersuchungsausschüsse

Für die nach der Causa Flynn unter Druck stehende Regierung Trump sind die neuen Berichte, die sich wie Ankündigungen zu weiteren Enthüllungen lesen, misslich. Im Kongress wächst bei vielen Abgeordneten der Unmut. In mehreren Ausschüssen soll im Lichte der Lügengeschichten von Ex-General Flynn untersucht werden, ob sich Trump und seine Leute mit dem geopolitischen Rivalen ins gemeinsame Bett gelegt haben. „Dazu muss jeder Stein umgedreht werden“, sagte der republikanische Senator Roy Blunt.

Eine Sonderrolle wird FBI-Chef James Comey zukommen. Die Bundespolizei ermittelt seit langem in Sachen Russland-Connection. Auch Flynn wurde bereits vernommen. Ergebnis: bisher unbekannt.

Auf Seiten der Demokraten bestehen große Vorbehalte gegen Comey. Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl hatte er die Wiederaufnahme der Ermittlungen in Hillary Clintons E-Mail-Affäre angekündigt. Zwei Tage vor der Wahl erklärte Comey kleinlaut: keine besonderen Vorkommnisse. Clinton sieht in der Intervention bis heute einen wichtigen Auslöser für ihre Niederlage. Über lange bekannte Verdachtsmomente gegen Trump bezüglich unlauterer Russland-Kontakte verlor Comey bisher kein Wort.

Regierungssprecher Spicer dementiert Russland-Verbindungen

Regierungssprecher Sean Spicer hatte am Dienstag im Weißen Haus beteuert, dass die Trump-Mannschaft und ihr nahestehende Personen vor der Wahl keine Verbindungen zur russischen Seite hatten. Dagegen steht die Aussage des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Rybakow. „Wir hatten Kontakte“, sagte Rybakow zwei Tage nach dem Wahlsieg Trumps, „selbstverständlich kennen wir die meisten Leute aus Trumps Umfeld.“

Damals war der Kreml noch hoffnungsfroh, dass sich nach den zähen Obama-Jahren die Beziehungen zu Washington aufhellen würden. Die Handhabung des Falls Flynn, der über Telefonate mit Russlands US-Botschafter Kisjlak stolperte, und eine eher beiläufige Bemerkung von Trumps Sprecher zum Streit-Thema Krim haben die Atmosphäre akut abgekühlt.

Russland empört über Äußerungen zur Krim

Wohl um zu demonstrieren, dass Trump gegenüber Putin keine Liebedienerei betreibt, hatte Sean Spicer gesagt, dass der Präsident auf Rückgabe der 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeerhalbinsel an die Ukraine besteht. Im Wahlkampf und in den vergangenen Wochen stellte Trump noch das Gegenteil in Aussicht: die Anerkennung des völkerrechtswidrigen Akts durch Washington.

Entsprechend empört reagierte Moskau am Mittwoch. „Die Krim ist ein Teil Russlands. Alle Aussagen über eine Abtrennung der Krim von Russland sind ein Angriff auf unsere territoriale Integrität“, erklärte Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin. Der bekannte Außenpolitiker Leonid Sluzki stimmte bereits die erste Strophe des Abgesang auf die neue russisch-amerikanische Freudschaft an: „Wir habe bei aller Sympathie für Trumps konstruktive Rhetorik zu früh entschieden, dass er pro-russisch ist. Er ist pro-amerikanisch.“

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