Berlin. Frank-Walter Steinmeier hat einen Organspendeausweis und kann in jeder Zeitzone schlafen. 26 Fakten zum designierten Staatsoberhaupt.
Der neue Bundespräsident ist 61 Jahre alt, gilt als bodenständig, wäre gern Sportreporter geworden und war ein enger Begleiter von Gerhard Schröder. Alles Wissenswerte zum neuen Staatsoberhaupt.
• Auto. Als Präsident fährt Steinmeier in einem gepanzerten Dienstwagen mit Kolonne, zum Fuhrpark gehören Limousinen von Mercedes, Audi und BMW. Das Kennzeichen: 0-1 für den ersten Mann im Staat. Bei offiziellen Anlässen ist am Kotflügel eine Standarte angebracht.
• Brakelsiek. Steinmeier ist in dem 1000-Einwohner-Dorf in Ostwestfalen geboren worden und aufgewachsen – nur 15 Kilometer vom Heimatdorf Gerhard Schröders entfernt, doch die beiden lernen sich erst Jahrzehnte später kennen. Vater Walter, ein Tischler, stammt aus einer Bauernfamilie, Mutter Ursula ist mit ihrer Familie aus Breslau geflüchtet. Bruder Dirk ist sechs Jahre jünger. Steinmeier wuchs bescheiden auf. Die karge Landschaft habe ihn geprägt, sagt er.
• Christ. Steinmeier gehört der evangelischen Kirche an, ist Mitglied im Präsidium des Evangelischen Kirchentags – ein Amt, das er jetzt wohl abgeben muss. Steinmeier sagt: „Ich lebe meinen Glauben.“
• Durchsetzungsfähigkeit. So ruhig und nach außen konfliktlos Steinmeier agiert – er hat Ehrgeiz und Machtbewusstsein. Auch die Präsidentenkandidatur hat Steinmeier in aller Stille lange vorbereitet. Auf Kritik kann er empfindlich reagieren.
• Ehe. Steinmeier ist seit 1995 mit Elke Büdenbender (55) verheiratet. Kennengelernt haben sie sich beim Jura-Studium in Gießen. Als er Referent in der niedersächsischen Staatskanzlei wurde, begleitete Büdenbender ihn nach Hannover, zunächst lebten sie in einer WG. Als ein Jahr später Tochter Merit zur Welt kam, suchten sie sich eine eigene Wohnung, heute ist sie 21 Jahre alt. Büdenbender ist Verwaltungsrichterin in Berlin.
• Freizeit. Der Präsident liest gern Romane, hört Jazz, wandert, geht einmal im Jahr mit Freunden zum Bergsteigen. Er ist Fan des FC Schalke 04, spielte als Jugendlicher Fußball für TuS 08 Brakelsiek, heute trainiert er gelegentlich auf dem Laufband.
• Gehalt. Der Bundespräsident bezieht ein zu versteuerndes Gehalt von 214.000 Euro im Jahr – ab jetzt ein Leben lang. Wenn er aus dem Amt scheidet, nennt sich das Gehalt Ehrensold. Dienstwagen, Chauffeur, Büro und Mitarbeiter gibt es dazu. In der aktiven Zeit bekommt der Präsident zusätzlich 78.000 Euro „Aufwandsgeld“. Die Ehefrau des Präsidenten erhält nichts, ihr werden aber ein Büro und Mitarbeiter gestellt.
• Haare. Seine weißen Haare bekam Steinmeier mit 24 Jahren, fast über Nacht. Nach einer Augenoperation, bei der ihm Ärzte Hornhaut transplantierten, wurde der Blondschopf weiß – so berichtete es einmal ein Kommilitone der „Bild“-Zeitung.
• Ikea-Regal. Steinmeiers nächtliche Heimwerkereinsätze sind Legende: „Wer um Mitternacht von einer Auslandsreise nach Hause kommt und bis zwei Uhr mit der Tochter Ikea-Regale aufbaut, kann nur ein toller Typ sein“, sagte seine Frau einmal während der Kanzlerkandidatur 2009, als Steinmeier unter schlechten Umfragewerten litt. Die Anekdote verrät eher, wie ihm seine kluge Ehefrau zu helfen weiß.
Der Tag der Bundespräsidentenwahl
• Jura-Studium. Eigentlich wäre Steinmeier gern Sportreporter geworden. Aber dann entschied er sich nach der Bundeswehrzeit in Goslar fürs Jura-Studium. Er lebte in Gießen in einer WG und fuhr eine blaue Ente. Insgesamt 14 Jahre verbrachte Steinmeier an der Universität. Mit langen Haaren und Bart engagierte er sich bei den Kritischen Juristen, bot Rechtsberatung zu Ausländerrecht an. Über die Stränge schlug Steinmeier damals nicht.
• Kräutertee. Das Heißgetränk gibt es manchmal am Abend zur Entspannung. Nach einem harten Tag greift Steinmeier zusammen mit Mitarbeitern aber zu einer Flasche Pils und raucht auch eine Zigarette.
• Langweiler. Diese Ausstrahlung wird dem neuen Bundespräsidenten nachgesagt, stimmt aber nicht. Zwar ist Steinmeier besonnen und auch langjährige Weggefährten können sich kaum an einen lauten Streit erinnern. Aber er kann witzig sein und Späße über sich selbst machen.
• Mach mal. So wird Steinmeier in Hannover vom damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder tituliert. Schröder vertraute seiner „grauen Effizienz“ und delegierte fast alles an ihn. Steinmeier lernte, Politik zu koordinieren und auch zu gestalten. Er wurde Schröders Medienreferent, Büroleiter, Chef der Staatskanzlei und Chef des Bundeskanzleramtes.
• Netzwerk. Steinmeier pflegt einen großen Freundeskreis. Über die Jahre sind auch enge Beziehungen zu Künstlern entstanden. Steinmeier ist mit dem Schriftsteller Tilman Spengler befreundet, mit Regisseur Sönke Wortmann oder dem Schauspieler Armin Müller-Stahl.
• Organtransplantation. Im Jahr 2010 spendete Steinmeier seiner schwer erkrankten Frau eine Niere, nahm dafür eine längere Auszeit. Ein Liebesbeweis – aber nicht nur. 1980 wurde ihm selbst die Augenhornhaut eines Organspenders transplantiert. Seit damals hat er einen Organspendeausweis bei sich.
• Partei. Seit 1975 ist Steinmeier SPD-Mitglied, aber bis er 2005 Außenminister wurde, hatte er weder Parteiämter noch Parlamentsmandate inne und hinterließ als Genosse kaum Spuren. Erst seit 2009, parallel zur Kanzlerkandidatur, wurde er Bundestagsabgeordneter. Als Bundespräsident wird er die Parteimitgliedschaft nun ruhen lassen.
• Qual der Wahl. Die Niederlage als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2009, als die SPD mit 23 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 holte, setzte Steinmeier lange zu. „Das steckt man nicht so weg. Das bleibt einem in den Kleidern hängen“, räumte er später ein.
• Reisen. Als Außenminister ist Steinmeier so viel durch die Welt geflogen wie keiner seiner Vorgänger. Als Präsident wird er auch oft unterwegs sein, aber mit größerem protokollarischem Aufwand und mit mehr Zeit. Sein Vorteil: „Ich leide nicht unter Jetlag.“
• Schloss Bellevue. Der Amtssitz des Präsidenten ist Steinmeier von vielen Besuchen bereits vertraut, hier wurde er zwei Mal zum Minister ernannt und zwei Mal wieder entlassen.
• Trump. Steinmeier will das Gegenmodell zum US-Präsidenten verkörpern. Noch im US-Wahlkampf nannte er Trump „Hassprediger“, als Außenminister gratulierte er ihm nicht zur Wahl. Steinmeier will als Präsident ausdrücklich nicht vereinfachen – wie Trump es macht.
• Urlaub. Im Sommer wandern Steinmeier und seine Frau in den Dolomiten, so wie Kanzlerin Angela Merkel. An den Wochenenden fahren sie oft in ihre Zweitwohnung im brandenburgischen Saaringen. Einen formellen Urlaubsanspruch hat ein Bundespräsident nicht.
• Vertraute. Im neuen Amt setzt Steinmeier auf Wegbegleiter: Dazu zählt Staatssekretär Stephan Steinlein, seit 1999 enger Mitarbeiter und Freund; der ostdeutsche Theologe war Bürgerrechtler und 1990 letzter DDR-Botschafter in Paris. Steinlein soll das Präsidialamt leiten. Auch der bisherige Leiter des Planungsstabs, Thomas Bagger, der bisherige Kultur-Abteilungsleiter Andreas Görgen und Redenschreiber Wolfgang Silbermann wechseln ins Schloss Bellevue.
• Wort. Die Rede ist das wichtigste Instrument des Präsidenten, auch wenn es meist nur ein politisch interessiertes Publikum erreicht. Auf diesem Feld wird es Steinmeier nicht einfach haben, mit dem pastoral geschulten Vorgänger Joachim Gauck mitzuhalten. Steinmeier kann zwar kluge Reden halten, rhetorisch fehlt ihm aber oft das Feuer.
• XL-Pullover: Zu seinem 54. Geburtstag schenkte ihm seine Frau Elke Laufschuhe samt Laufdress. Sie machte sich offensichtlich Sorgen um Gewicht und Gesundheit ihres immer schon recht stabil gebauten Ehemannes.
• Youtube. Steinmeier hat es trotzdem geschafft, mit einer Rede einen Hit bei Youtube zu landen. Aber das war eine ungeplante Ausnahme: Seine Wutrede während des Europawahlkampfes 2014, als er Zwischenrufern heftig Kontra gibt, ist Kult.
• Zehlendorf. In dem gutbürgerlichen Stadtteil ist Steinmeier seit 17 Jahren zu Hause, hier haben er und seine Frau ein gut gesichertes Haus mit Garten. „Es ist die Insel der Ruhe, die ich brauche“, sagt Steinmeier.