Berlin. Martin Schulz krempelt die politische Stimmung im Land um. Gut für die SPD – reicht aber noch nicht zum Wahlerfolg. Ein Kommentar.

In der SPD-Zentrale können sie sich kaum retten vor Neumitgliedern. Bei Auftritten des Kanzlerkandidaten Martin Schulz stehen begeisterte Genossen am Einlass Schlange. Und in den Umfragen geht die Partei förmlich durch die Decke: Plus acht Prozentpunkte im ARD-Deutschlandtrend – das ist ein demoskopisches Erdbeben. Was geschieht da gerade?

Stand die SPD seit dem Ende der Kanzlerschaft Gerhard Schröders als Synonym für Langeweile und Politikverdruss, so ist sie seit dem Wechsel von Sigmar Gabriel zu Martin Schulz plötzlich wieder attraktiv. Die Sozis, die das Image des Dauerverlierers für sich gepachtet zu haben schienen, erleben mit ihren neuen Hoffnungsträger Schulz einen regelrechten Aufschwung. Davon hätten selbst grenzenlose Optimisten im Willy-Brandt-Haus nicht zu träumen gewagt.

Schulz-Hoch bei der SPD

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    Aus Umfragewerten Stimmen machen

    Die entscheidende Frage lautet nun: Wie lange trägt der jähe Aufschwung? Zunächst einmal hat Schulz die notorisch verzagte SPD aufgerüttelt und hinter sich versammelt, was in dieser Partei schon mal eine Leistung ist. In den nächsten acht Monaten geht es darum, die Begeisterung in den eigenen Reihen in Wählerstimmen umzumünzen – allein der Charme des Neuen wird Schulz nicht bis zur Bundestagswahl im September tragen. Er wird auch inhaltlich liefern müssen. Und da lauern noch viele Fallstricke.

    Die CDU wiederum muss nun versuchen zu verhindern, dass das SPD-Hoch keine Wechselstimmung im Land auslöst – und aus dem Schulz-Effekt ein Anti-Merkel-Effekt wird. Eine Kanzlerin, die nach zwölf Jahren Amtszeit Ermüdungserscheinungen zeigt und selbst in Reihen der Union nicht unumstritten ist, könnte schnell in die Defensive geraten. Wer hätte das noch vor wenigen Tagen gedacht!?

    Martin Schulz will Kanzler werden

    Martin Schulz ist der Kanzlerkandidat der SPD für den Bundestagswahlkampf. Er steht für das Projekt Europa. Wofür steht der SPD-Chef noch? Dieses Foto zeigt den ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten an einem seiner größten Tage – mit der Medaille des Friedensnobelpreises, die 2012 die Europäische Union als Institution erhielt.
    Martin Schulz ist der Kanzlerkandidat der SPD für den Bundestagswahlkampf. Er steht für das Projekt Europa. Wofür steht der SPD-Chef noch? Dieses Foto zeigt den ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten an einem seiner größten Tage – mit der Medaille des Friedensnobelpreises, die 2012 die Europäische Union als Institution erhielt. © REUTERS | REUTERS / NTB SCANPIX
    Europa ist für den Mann aus Aachen, der nahe der Grenze zu den Niederlanden aufwuchs, ein Herzensanliegen.
    Europa ist für den Mann aus Aachen, der nahe der Grenze zu den Niederlanden aufwuchs, ein Herzensanliegen. © dpa | Stephanie Lecocq
    Zusammen mit dem EU-Kommissionpräsidenten Jean-Claude Juncker (re.) bildete Martin Schulz jahrelang das Führungsduo der EU.
    Zusammen mit dem EU-Kommissionpräsidenten Jean-Claude Juncker (re.) bildete Martin Schulz jahrelang das Führungsduo der EU. © dpa | Axel Heimken
    SPD-Mitglied Schulz ist nach Berlin gewechselt – und hat in seiner Partei große Hoffnung geweckt.
    SPD-Mitglied Schulz ist nach Berlin gewechselt – und hat in seiner Partei große Hoffnung geweckt. © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
    Nachdem Sigmar Gabriel seinen Rücktritt erklärt hat, ging Schulz ins Rennen für die Bundestagswahl 2017.
    Nachdem Sigmar Gabriel seinen Rücktritt erklärt hat, ging Schulz ins Rennen für die Bundestagswahl 2017. © REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
    In der Flüchtlingspolitik engagierte sich Schulz besonders. Das Foto zeigt ihn im November 2015 in Athen beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft.
    In der Flüchtlingspolitik engagierte sich Schulz besonders. Das Foto zeigt ihn im November 2015 in Athen beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft. © imago | ZUMA Press
    2016 erhielt Martin Schulz bei der Publishers Night in Berlin die „Goldene Victoria“.
    2016 erhielt Martin Schulz bei der Publishers Night in Berlin die „Goldene Victoria“. © imago | Agentur Baganz
    Im September 2015 empfing Schulz als EU-Parlamentspräsident den Dalai Lama in Straßburg.
    Im September 2015 empfing Schulz als EU-Parlamentspräsident den Dalai Lama in Straßburg. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
    Papst Franziskus kam im November 2014 für eine Rede vor dem EU-Parlament nach Straßburg – natürlich begrüßt vom damaligen Hausherrn Martin Schulz.
    Papst Franziskus kam im November 2014 für eine Rede vor dem EU-Parlament nach Straßburg – natürlich begrüßt vom damaligen Hausherrn Martin Schulz. © REUTERS | REUTERS / POOL
    2013 überreichte Martin Schulz der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai den Sacharow-Preis des EU-Parlaments.
    2013 überreichte Martin Schulz der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai den Sacharow-Preis des EU-Parlaments. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
    Die Nummer eins will Martin Schulz demnächst in NRW sein – jedenfalls auf der Landesliste für die Bundestagswahl 2017.
    Die Nummer eins will Martin Schulz demnächst in NRW sein – jedenfalls auf der Landesliste für die Bundestagswahl 2017. © dpa | Michael Kappeler
    Der Brexit der Briten war ein harter Schlag für Schulz. Das Foto zeigt ihn im September 2016 bei einem Treffen mit der neuen britischen Premierministerin Theresa May in London.
    Der Brexit der Briten war ein harter Schlag für Schulz. Das Foto zeigt ihn im September 2016 bei einem Treffen mit der neuen britischen Premierministerin Theresa May in London. © REUTERS | REUTERS / STEFAN WERMUTH
    Die drei von der SPD: Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Martin Schulz.
    Die drei von der SPD: Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Martin Schulz. © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
    Das „Projekt Europa“ begleitet Schulz nun von Berlin aus.
    Das „Projekt Europa“ begleitet Schulz nun von Berlin aus. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
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