Berlin. Sigmar Gabriel wird neuer Bundesaußenminister. Schaffte der scheidende SPD-Vorsitzende das im Alleingang? Ganz so einfach ist es nicht.

Der scheidende SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat sich das frei werdende Außenministerium gesichert – Kritiker sagen, es sei wie ein Handstreich gewesen. Doch konnte Gabriel das so einfach? Hier sind die Fakten.

Grundsätzlich werden die Minister einer Bundesregierung auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt. So steht es im Artikel 64 des Grundgesetzes. Somit hat es der Regierungschef in der Hand, wen er in sein Kabinett beruft – es sei denn, er regiert in einer Koalition.

Jede Partei bestimmt ihre Ministerriege

Für den Fall, dass sich – wie aktuell mit CDU, CSU und SPD – eine Koalition gebildet hat, ist es gängige Praxis, dass die jeweilige Partei ihre Ministerkandidaten eigenständig nominiert. Eine rechtliche Vorschrift für dieses Verfahren gibt es nicht, so haben es aber Union und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt: Das Vorschlagsrecht für die jeweiligen Ämter liegt bei den verantwortlichen Parteien.

Das Ministertableau wird in aller Regel durch die Spitzengremien der jeweiligen Partei beschlossen. Im aktuellen Fall hat das Präsidium der SPD am vorigen Dienstag Sigmar Gabriels Vorschlag, als Minister vom Wirtschafts- ins Außenressort zu wechseln, abgesegnet. Gleiches gilt für die Nominierung von Brigitte Zypries zur neuen Wirtschaftsministerin.

Gabriel verzichtet auf SPD-Kanzlerkandidatur

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    Der Bundestag hat kein Mitspracherecht

    Beide Personalien müssen noch am Sonntag vom SPD-Vorstand beschlossen werden. Dies gilt als sicher. Es ist davon auszugehen, dass Gabriel Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) frühzeitig über seine geplante Personal-Rochade informierte.

    Anders als beim Bundeskanzler – oder der Bundeskanzlerin – , der von einer Mehrheit des Bundestags gewählt werden muss, hat das Parlament bei den Ministern kein Entscheidungsrecht. Gleichwohl leisten die Minister vor dem Bundestag ihren Amtseid. Er lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

    Als Lübke Schröder verhindern wollte

    Der Spielraum zur Ablehnung eines Ministers durch den Bundespräsidenten ist in Deutschland eng begrenzt; ein solcher Schritt ist nur infolge schwerwiegender Gründe möglich.

    Einer der ganz seltenen Fälle eines solchen Konflikts geht auf das Jahr 1961 zurück. Bundespräsident Heinrich Lübke (CDU) weigerte sich damals, seinen Partei-Kollegen Gerhard Schröder zum Außenminister zu ernennen. Grund: Schröder stand in der Kritik, weil er in der Berlin-Krise und beim Mauerbau für eine Totalaufgabe der Stadt ausgesprochen hatte, um einen Krieg zu verhindern.

    Lübke musste erst mit Nachdruck aus Reihen der Adenauer-Regierung dazu gebracht werden, seine Blockade gegen Schröder – nicht zu verwechseln mit dem späteren SPD-Kanzler Gerhard Schröder – aufzugeben. Der Bundespräsident konnte sich allerdings eine kleine Nickeligkeit nicht verkneifen: Demonstrativ unterzeichnete Lübke Schröders Ernennungsurkunde als letzte.

    Das ist das aktuelle Bundeskabinett

    Die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel umfasst 14 Ministerien. Wir zeigen, welche Köpfe an der Spitze der Ministerien stehen. Angela Merkel (CDU) ist seit 2005 Bundeskanzlerin und leitet damit das Kabinett.
    Die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel umfasst 14 Ministerien. Wir zeigen, welche Köpfe an der Spitze der Ministerien stehen. Angela Merkel (CDU) ist seit 2005 Bundeskanzlerin und leitet damit das Kabinett. © Getty Images | Sean Gallup
    Sigmar Gabriel (SPD) wechselte im Januar 2017 ins Außenministerium.
    Sigmar Gabriel (SPD) wechselte im Januar 2017 ins Außenministerium. © REUTERS | REUTERS / AZAD LASHKARI
    Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist am 12. Februar 2017 zum zwölften Bundespräsidenten gewählt worden. Er war zuvor Außenminister.
    Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist am 12. Februar 2017 zum zwölften Bundespräsidenten gewählt worden. Er war zuvor Außenminister. © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
    Brigitte Zypries (SPD) ist seit 2017 die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel III. Sie beerbt damit Sigmar Gabriel.
    Brigitte Zypries (SPD) ist seit 2017 die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel III. Sie beerbt damit Sigmar Gabriel. © dpa | Sebastian Kahnert
    Thomas de Maizière (CDU) steht an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres.
    Thomas de Maizière (CDU) steht an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres. © REUTERS | JOACHIM HERRMANN
    Heiko Maas (SPD) trifft die Entscheidungen im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz.
    Heiko Maas (SPD) trifft die Entscheidungen im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. © imago | M. Popow
    Wolfgang Schäuble (CDU) leitet das Bundesministerium für Finanzen.
    Wolfgang Schäuble (CDU) leitet das Bundesministerium für Finanzen. © picture alliance / Christina Sab | dpa Picture-Alliance / Christina Sabrowsky
    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird geleitet von Andrea Nahles (SPD).
    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird geleitet von Andrea Nahles (SPD). © dpa | Soeren Stache
    Christian Schmidt (CSU) ist Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft.
    Christian Schmidt (CSU) ist Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. © dpa | Daniel Karmann
    Ursula von der Leyen (CDU) ist als Bundesministerin für Verteidigung die Chefin der Bundeswehr.
    Ursula von der Leyen (CDU) ist als Bundesministerin für Verteidigung die Chefin der Bundeswehr. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Axel Heimken
    Katarina Barley (SPD) steht seit dem 2. Juni 2017 an der Spitze des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
    Katarina Barley (SPD) steht seit dem 2. Juni 2017 an der Spitze des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. © picture alliance / NurPhoto | dpa Picture-Alliance / Emmanuele Contini
    Sie trat die Nachfolge von Manuela Schwesig (SPD) an, die seit Juli 2017 Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns ist.
    Sie trat die Nachfolge von Manuela Schwesig (SPD) an, die seit Juli 2017 Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns ist. © dpa | Michael Kappeler
    Hermann Gröhe (CDU) ist Bundesgesundheitsminister.
    Hermann Gröhe (CDU) ist Bundesgesundheitsminister. © dpa | Jörg Carstensen
    Alexander Dobrindt ist Chef des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.
    Alexander Dobrindt ist Chef des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
    Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ist Barbara Hendricks (SPD) unterstellt.
    Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ist Barbara Hendricks (SPD) unterstellt. © epd | Andreas Schoelzel
    Johanna Wanka (CDU) ist Leiterin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
    Johanna Wanka (CDU) ist Leiterin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Gerd Müller (CSU) steht an der Spitze des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
    Gerd Müller (CSU) steht an der Spitze des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. © picture alliance / Rainer Jensen | dpa Picture-Alliance / Rainer Jensen
    Peter Altmaier (CDU) ist Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben.
    Peter Altmaier (CDU) ist Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben. © picture alliance / Michael Kappe | dpa Picture-Alliance / Michael Kappeler
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