Düsseldorf. Laschet wirft Ministerpräsidentin Kraft Unaufrichtigkeit im Fall Amri vor. Kraft nimmt Innenminister Jäger und Behörden in Schutz.

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Unaufrichtigkeit im Fall Anis Amri vorgeworfen. Kraft habe die Öffentlichkeit nicht darüber informiert, dass der Berliner Attentäter im Mai 2016 ein zweites Mal von Sicherheitsbehörden in NRW als Gefährder eingestuft worden war. Stattdessen habe sie den Eindruck erweckt, ab März sei Berlin Lebensmittelpunkt des Attentäters und NRW daher nicht mehr zuständig gewesen, kritisierte Laschet am Samstag beim Neujahrsempfang der NRW-CDU.

Mit solchen „Halbwahrheiten“ verspiele die Ministerpräsidentin das Vertrauen in den Rechtsstaat, sagte Laschet vor über 900 Gästen in Düsseldorf. Er bekräftigte seine Forderung, dass Kraft den Landtag während der drei Plenartage in der kommenden Woche in einer Regierungserklärung über das Verhalten der NRW-Behörden und unstimmige Aussagen ihres Innenministers Ralf Jäger (SPD) informieren müsse. Die CDU hat das Thema bereits für Mittwoch auf die Tagesordnung des Parlaments gebracht.

Jäger spiele Gegnern der Demokratie in die Hände

Mit seiner Darstellung, die Behörden seien im Fall Amri bis an die Grenzen des rechtlich Möglichen gegangen, spiele Jäger den Gegnern der Demokratie in die Hände, warnte Laschet. Der Minister kehre den Grundsatz „Erst das Land, dann die Partei, dann die Person“ um, „nur um selbst den Kopf aus der Schlinge zu ziehen“.

Ministerpräsidentin Kraft stellte sich vor ihren Innenminister Ralf Jäger und wies Vorwürfe zurück, die Sicherheitsbehörden des Landes hätten versagt. „Ich mache da niemandem persönlich einen Vorwurf“, sagte Kraft der „Bild am Sonntag“. Anhand von Erkenntnissen würden Entscheidungen getroffen und dabei könnten auch Fehler passieren. Im Nachhinein sei es eine Fehlentscheidung des Bundes und der Länder gewesen, die Beobachtung des späteren Attentäters zu beenden und seine Gefährlichkeit nicht richtig zu beurteilen.

Kraft weist Kritik zurück und verteidigt Behörden

Kraft erläuterte, nach Einschätzung der Behörden habe es die geltende Rechtslage nicht zugelassen, Amri festzusetzen. Die rechtlichen Hürden seien zu hoch gewesen, um Amri in Abschiebungshaft nehmen zu können. Dies sei nur möglich, wenn die vom Gesetz geforderte zeitnahe Abschiebung hätte durchgeführt werden können. Das sei bei bestimmten Staaten aber üblicherweise nicht zu schaffen, weil die Herkunftsländer die Ausstellung von Passersatzpapieren massiv verzögerten.

Forderungen, ihren Innenminister Jäger zu entlassen, wies Kraft zurück. „Warum sollte er nicht mehr im Amt sein?“ Zur Aufklärung der Vorgänge in NRW werde es ein Gutachten durch einen unabhängigen Sonderbeauftragten geben. „Wir müssen die Fehler analysieren, um alles zu tun, so eine schreckliche Tat künftig zu verhindern.“

Schutz vor Terror muss grenzenlos sein

Am 19. Dezember war der in NRW gemeldete abgelehnte tunesische Asylbewerber Anis Amri mit einem Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gefahren; zwölf Menschen sterben.

Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte als Gastrednerin beim CDU-Neujahrsempfang eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden statt schriller Debatten. „Wenn der Terror grenzenlos ist, muss der Schutz vor Terror auch grenzenlos sein und darf nicht an föderalen oder nationalen Grenzen hängenbleiben“, mahnte sie. (dpa/rtr)