Berlin. Ein AfD-Vorstandsmitglied hat Björn Höcke heftig für seine jüngste Rede kritisiert. Höcke solle sich ändern oder die Partei verlassen.

AfD-Vorstandsmitglied Dirk Driesang hat dem Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke den Austritt aus der Partei nahegelegt. Höcke solle entweder den Inhalt seiner Rede in Dresden vom Dienstagabend vollständig zurücknehmen und sich zukünftig in seinem Wirken streng auf Thüringen beschränken. „Oder Sie sollten die Partei Alternative für Deutschland verlassen.“

Das schrieb Driesang in einem Offenen Brief, den er am Mittwoch an Höcke und an einige Mitglieder der Parteiführung schickte. „Ziehen Sie die Konsequenzen, ändern Sie sich oder gehen Sie; ersparen Sie der Partei eine elendigliche Quälerei im Wahljahr!“, fordert Driesang.

Driesang: „Höcke diskreditiert die AfD bundesweit“

In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es weiter: „Falls es Ihr Ansinnen gewesen sein sollte, die AfD im Westen deutlich unter zehn Prozent zu drücken und bundesweit zu diskreditieren, so – das fürchte ich – haben Sie mit dieser Rede einen guten Teil der Strecke zurückgelegt.“ Driesang warf Höcke vor, er verwende eine „Sprache, die Angst bereitet und die auf den Müll der Geschichte gehört“.

Höcke hatte am Dienstagabend bei einer Veranstaltung der Jungen Alternative in Dresden beklagt, die deutsche Geschichte werde „mies und lächerlich gemacht“. Mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin sagte er: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

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Frauke Petry: „Höcke ist eine Belastung für die AfD“

Neben Driesang äußerten noch weitere AfD-Mitglieder Kritik an Höcke. „Zum wiederholten Male drückt sich Björn Höcke sehr missverständlich aus, um es vorsichtig zu formulieren. Zum wiederholten Male rührt er dabei mit größter Ignoranz an einer zwölfjährigen Geschichtsepoche, deren Revision wahrlich nicht die Aufgabe der AfD ist“, sagte Nordrhein-Westfalens AfD-Vorsitzender Marcus Pretzell in der „Bild“-Zeitung.

Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry sagte der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ am Mittwoch, Höcke sei eine Belastung für die Partei. Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg nannte die Äußerungen „unglücklich und nicht zielführend“. Die AfD-Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel sagte: „Solche unsäglichen, rückwärtsgewandten Debatten sind überflüssig und kontraproduktiv. Herrn Höckes Alleingänge schaden der Akzeptanz der Partei bei den Bürgern.“

AfD-Vorstandsmitglied Dirk Driesang fordert von Björn Höcke Konsequenzen.
AfD-Vorstandsmitglied Dirk Driesang fordert von Björn Höcke Konsequenzen. © dpa | Marijan Murat

AfD-Chef Gauland stellt sich hinter Höcke

Rückendeckung bekam Höcke indes von Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland. Wer die gesamte Rede Höckes gehört habe, könne darin nichts Rechtsextremes oder Antisemitisches entdecken, sagte Gauland der „Jungen Freiheit“.

Höcke selbst fühlt sich missverstanden: Die Auslegung, er habe das Holocaust-Gedenken der Deutschen kritisiert, sei „eine bösartige und bewusst verleumdende Interpretation“ dessen, was er tatsächlich gesagt habe. Er habe „den Holocaust, also den von Deutschen verübten Völkermord an den Juden, als Schande für unser Volk bezeichnet“, ließ er in seiner Erklärung wissen.

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Björn Höcke wettert gegen „Luckisten“

Höcke ließ in seiner Rede auch durchblicken, was er von den Anhängern des inzwischen abtrünnigen AfD-Gründers Bernd Lucke hält. Die „Luckisten“, sagte er, „das sind die, die keine innere Haltung besitzen, die Establishment sind und Establishment bleiben wollen oder so schnell wie möglich zum Establishment gehören wollen.“

Einmal in Berlin angekommen, so glaubt Höcke, würden sie nach relativ kurzer Zeit nur noch eines wollen: „Dass es für sie so lange so bleiben wird, wie es dann sein wird. Ich will das nicht. Ich will Veränderung, ich will eine grundsätzliche Veränderung, ich will die AfD als letzte evolutionäre Chance für unser Vaterland erhalten.“

„Andenken der Juden mit Füßen getreten“

Höckes Auftritt löste parteiübergreifend Entrüstung aus. Die Fraktionschefs der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, warfen Höcke Volksverhetzung vor. Sie stellten Strafanzeige. In Thüringen wurde die Entlassung Höckes als Beamter gefordert. Er ist als Lehrer für Geschichte und Sport derzeit beurlaubt.

Der Zentralrat der Juden nannte Höckes Worte „zutiefst empörend und völlig inakzeptabel“. Höcke trete das Andenken an die sechs Millionen Juden, die in der NS-Zeit ermordet wurden, mit Füßen. Mit seinen Worten relativiere der AfD-Politiker dieses schwerste und in dem Ausmaß einzigartige Menschheitsverbrechen, erklärte der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster.

(dpa/epd)