Düsseldorf . Flüchtlinge in einer Asylunterkunft in NRW meldeten Anis Amri offenbar schon früh bei den Behörden. Sie vermuteten Kontakte zum IS.

Der Berliner Attentäter Anis Amri ist früher als bislang bekannt von Mitbewohnern der Asylunterkunft Emmerich als Sympathisant der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) angezeigt worden. Der Tunesier sei bereits im Dezember 2015 anonym durch andere Flüchtlinge bei der Ausländerbehörde des Kreises Kleve ausdrücklich „wegen mutmaßlicher Kontakte zum sogenannten IS“ gemeldet worden, erklärte die Kreisverwaltung Kleve am Freitag unserer Redaktion. Diese Anzeige sei sofort der zuständigen Staatsschutzdienststelle Nordrhein-Westfalens weitgeleitet worden. Am 3. Dezember 2015 sei der Kreis Kleve „informell telefonisch darauf hingewiesen worden, dass Herr Amri im Fokus der Sicherheitsbehörden steht“.

Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann hatte in der Sondersitzung des NRW-Innenausschusses am Donnerstag ausgeführt, dass das Landeskriminalamt im September und Oktober 2016 von tunesischen und marokkanischen Sicherheitsbehörden Informationen dazu bekommen habe, dass Amri Anhänger der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) sei und über Kontakte zu IS-Sympathisanten verfüge.

Informationen zum Bombe bauen aus dem Netz

Bereits im Oktober 2015 hatte aber ein Zimmernachbar Amris gemeldet, dass dieser Handy-Fotos von schwarz gekleideten Personen mit Kalaschnikow besitze. Im Internet soll er sich informiert haben, wie man eine Bombe baut. Die Polizei erstellte einen „Prüffall Islamismus“. Da Amri zu diesem Zeitpunkt in Emmerich unter dem Namen Mohamed Hassa lebte, konnten die Sicherheitsbehörden zunächst keinen Bezug zu einem nicht näher bekannten „Anis“ herstellen, der möglicherweise Anschläge in Deutschland verüben wolle. Geklärt werden konnte Anis Amris wahre Identität erst mit Hilfe des Bundeskriminalamtes (BKA) am 16. Dezember 2015.

Als „Gefährder NRW“ wurde er erstmals am 17. Februar 2016 eingestuft. Kurz darauf verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. Wie die Ausländerbehörde Kleve erklärte, seien es auch Mitbewohner gewesen, die darauf hingewiesen hätten, dass es sich bei Amri „aufgrund seines Dialekts nicht um einen Ägypter handelte“. Der spätere Attentäter, der 14 verschiedene Identitäten nutzte und allein in NRW zwischen Juli und Oktober 2015 in mehreren Asyl-Registrierstellen vorstellig wurde, gab sich unter anderem als Ägypter aus.

Pistole womöglich in Schweiz besorgt

Nach Information des ZDF hat sich Amri längere Zeit und möglicherweise sogar mehrfach in der Schweiz aufgehalten. Derzeit würden Kontaktdaten, die nach dem Anschlag in Berlin auf Amris Handy gefunden worden waren, intensiv von den Schweizer Ermittlungsbehörden überprüft. Dabei gehe es auch um die Frage, ob er sich die Tatwaffe, eine Pistole vom Typ Erma, in der Schweiz besorgt habe, wo es in einigen Städten eine rege Islamistenszene gebe. Nach bisherigem Ermittlungsstand spreche vieles dafür, sagten Ermittler dem ZDF. Amri tötete bei seinem Anschlag in Berlin am 19. Dezember zwölf Menschen.