Berlin. Kurz vor dem Attentat in Berlin besuchte Anis Amri eine Moschee von Islamisten. Nach dem Anschlag tauchte er dann am Bahnhof Zoo auf.

Anis Amri wollte offenbar auf Nummer sicher gehen. Kurz nach der Tat floh er in den Bahnhof Zoo, wollte nach dem Anschlag mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche raus aus der Stadt. Eine Überwachungskamera zeichnete Amri auf. Nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft hat sich Amri bewusst in die Kamera gedreht und den Zeigefinger zum Tauhid-Gruß gehoben. Amri, der mutmaßliche Terrorist, wollte erkannt werden.

Seit Jahrhunderten wird der Gruß von vielen Muslimen im Gebet genutzt – allerdings tauchte er zuletzt auch in Propaganda-Bildern von Anhängern der Terrormiliz IS auf. Amri floh dann weiter über das niederländische Nimwegen und Amsterdam über Lyon und Turin nach Mailand.

Haftbefehl gegen Kontaktmann

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft (GBA) hat jetzt gegen einen mutmaßlichen Kontaktmann von Amri einen Haftbefehl erwirkt – allerdings hat sich der Terrorverdacht bisher nicht erhärtet. Der 26-jährige Asylbewerber Bilel A. soll sich staatliche Leistungen erschlichen haben.

Den Ermittlern zufolge besaß Bilel A. mindestens zwei Aliasnamen. Er soll von April bis November 2015 in Leipzig, Berlin und Mettmann zu Unrecht und wissentlich Leistungen in Höhe von 2500 Euro bezogen haben. Der Haftbefehl sei erlassen worden, weil Fluchtgefahr bestehe. Ob A. von Amris Anschlagsplänen wusste, ist bisher unklar.

Sprengstoff nach Dortmund

Eine Verbindung zwischen dem 26-Jährigen und Anis Amri tauchte nach Informationen dieser Redaktion schon früher in den Akten der Ermittler auf. Staatsanwälte hatten gegen Bilel A. wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Ende November 2015 gab es in der Hauptstadt deswegen eine Großrazzia. Der Verdacht damals: Sprengstoff sollte in einem Auto von München nach Berlin gebracht und in der Seituna Moschee zwischengelagert werden.

Anschließend sollte die Lieferung nach Dortmund gebracht werden. Die Fahrer – ein Tunesier (46) und ein Syrer (28) – wurden damals ebenso festgenommen. Bilel A. soll mit ihnen in Kontakt gestanden haben, wurde deswegen ebenfalls festgenommen, aber wieder freigelassen. Nach Informationen aus Justizkreisen tauchte in den Ermittlungsakten damals auch Amri auf.

Verdacht der Mitwisserschaft bisher nicht erhärtet

Die Pressesprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler.
Die Pressesprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler. © dpa | Uwe Anspach

Ihr Kontakt hielt offenbar bis heute: Laut GBA haben sich beide am Vorabend des Anschlags an der Gedächtniskirche in einem Restaurant im Berliner Stadteil Gesundbrunnen getroffen. „Die beiden haben sich intensiv unterhalten“, sagte die Sprecherin des GBA, Frauke Köhler. Worüber, ist allerdings unklar.

Die Berliner Polizei hatte bereits am Dienstagabend die Spandauer Flüchtlingsunterkunft, in der Bilel A. untergebracht war, durchsucht. Handys des Mannes werten die Ermittler derzeit aus. Der Verdacht einer Mitwisserschaft an dem Anschlag ließ sich bisher nicht erhärten.

Schmauchspuren am Lastwagen

Ebenfalls bereits am Dienstagabend durchsuchten Beamte eine Wohnung in Berlin-Mitte, in der Amri eine Zeit lang gelebt haben soll. Der frühere Mitbewohner wurde als Zeuge vernommen. Nach Angaben der GBA-Sprecherin hatte Amri noch am Tag des Anschlags mehrfach versucht, den Mann per Handy zu erreichen. Ob die beiden tatsächlich miteinander gesprochen haben, sei jedoch unklar. Die Daten des Telefons würden noch ausgewertet.

Wie der Anschlag jetzt unser Land verändert

weitere Videos

    Bisher unbekannt war auch, dass sich Amri wenige Stunden vor dem Anschlag an der „Fussilet“-Moschee in der Perleberger Straße in Moabit aufhielt. Wie die Sprecherin des GBA sagte, wurde er dort von einer Kamera aufgenommen. Die Gebetsstätte gilt als Treffpunkt der Berliner Dschihadisten-Szene. Mit wem er sich in der Moschee möglicherweise getroffen hat, bleibt unklar.

    Ermittler sind sich sicher: Amri ist der Täter

    Durch die Sicherung von Schmauchspuren, Fingerabdrücken und einer Patronenhülse konnte die Polizei zudem mehr herausfinden über den Mord an dem polnischen Lastwagenfahrer: Der Täter soll sich laut Generalbundesanwaltschaft gegen 19.30 Uhr am Tatabend über die Fahrerseite genähert haben, im Sichtschutz zwischen Lkw und Spreeufer. Der polnische Fahrer saß demnach auf dem Beifahrersitz, als der Schuss fiel.

    Die Ermittler haben keine Zweifel mehr: Der 24 Jahre alte Tunesier Anis Amri hat das Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten verübt. „Nach unseren Erkenntnissen, nach all dem, was wir zusammengetragen haben, gehen wir davon aus, dass Anis Amri den Anschlag begangen hat“, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Die Pistole, die Polizisten bei Amri in Mailand gefunden hatten, ist laut GBA dieselbe Waffe, mit der der polnische Fahrer ermordet wurde. Auch Fingerabdrücke Amris fand man am Lkw.