Berlin. Beim Dreikönigstreffen will Christian Lindner seine Partei auf die Wahl einschwören. Die Liberalen wollen stärker werden als die AfD.

Am nächsten Sonnabend hat Christian Lindner Geburtstag, er wird 38 Jahre alt. Einen Tag nach dem traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen am Freitag in Stuttgart – und zu Beginn eines Jahres, in dem sich entscheiden wird, was aus der FDP wird. Schaffen die Liberalen nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag? Für den jungen Parteichef ist 2017 das wichtigste Jahr in der Geschichte der Freien Demokraten, aber auch das Schicksalsjahr seiner eigenen politischen Karriere. In Stuttgart beginnt der Endspurt. Das Ziel: Mehr als fünf Prozent bei der Bundestagswahl im Herbst.

In den letzten Wochen sah es recht gut aus für die Liberalen. So gut, dass die ersten schon vor „Übermut“ warnen – und vor alten Mustern: Postenverteilung statt Wahlkampf. Immerhin liegt die FDP in bundesweiten Umfragen seit Monaten stabil zwischen fünf und sieben Prozent, der Wiedereinzug in den Bundestag gilt derzeit als realistisch.

In Mecklenburg-Vorpommern scheiterte die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde

Doch Lindner will mehr: Im April hatte der Parteichef ausgegeben: „Die FDP wird bei der Wahl 2017 stärker als die AfD sein.“ Im August bekräftigte er: „Eine Partei, die für die liberalen Grundwerte unseres Landes steht, muss doch stärker sein wollen als diese Mischung gestriger Populisten und Rassisten.“ Doch danach sieht es im Moment nicht aus. Die AfD holt in Umfragen im Moment in der Regel das Doppelte.

Politik ist ein ständiger Kampf um Aufmerksamkeit, besonders bei einer Partei, die nicht mehr im Bundestag sitzt. Immerhin: Es gibt seit letztem Frühjahr wieder liberale Minister in Deutschland – in Rheinland-Pfalz regiert die FDP in einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen. In Mecklenburg-Vorpommern dagegen scheiterte sie an der Fünf-Prozent-Hürde – während die AfD mit über 20 Prozent in den Landtag einzog.

In Berlin, wo die FDP seit der Wahl im Herbst wieder im Abgeordnetenaus sitzt, unterstützen die Liberalen gerade ein Volksbegehren für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel, die zentrale Wahlkampfforderung der Hauptstadt-FDP. Doch bisher ist die Rückmeldung dünn, zuletzt fehlten noch mehr als 150.000 Unterschriften.

Verlust von Westerwelle, Genscher, Scheel und Hamm-Brücher

Das vergangene Jahr – es war für die FDP auch ein Jahr der Abschiede: Mit Guido Westerwelle, Hans-Dietrich Genscher, Walter Scheel und Hildegard Hamm-Brücher hat die Partei gleich vier große Liberale verloren, die der ins Schlingern geratenen FDP allein durch ihre Prominenz historisches Gewicht verliehen. Nach dem Aderlass bei seiner liberalen Eltern- und Großelterngeneration steht Lindners Name nun erst recht ziemlich einsam für die Bundes-FDP.

Sein Drehbuch für 2017 aber steht fest: Nach Dreikönig kommt erst die Landtagswahl im Saarland, wo die FDP zuletzt allerdings nur bei drei Prozent lag. Am 7. Mai folgt dann Schleswig-Holstein. Im hohen Norden könnte mit Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki wahr werden, was Lindner hofft: In der letzten Umfrage lag die FDP in Schleswig-Holstein mit neun Prozent deutlich vor der AfD, die auf sechs Prozent kam. Der wichtigste Termin vor der Bundestagswahl aber ist die Wahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai. Als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen will Lindner mit einem möglichst guten Ergebnis Schwung für die Bundestagswahl nehmen.

Die FDP könnte zum umworbenen Koalitionspartner werden

Den Wählern empfiehlt Lindner seine Partei als Alternative – zu den „schwarzen, roten und grünen Sozialdemokraten“ im Bundestag und zur „autoritären AfD“. Sein Versprechen: Steuersenkungen von 30 Milliarden Euro pro Jahr, eine digitale Offensive in Bildung und Verwaltung sowie klare Zuwanderungsregeln und einen robusteren Umgang mit terroristischen Gefährdern. Neue Sicherheitsgesetze dagegen lehnen die Liberalen ab – sie setzen stattdessen auf mehr Sicherheitskräfte bei Polizei und Verfassungsschutz.

Kommt die FDP damit in den Bundestag, könnte sie sogar zum umworbenen Koalitionspartner werden: Sollte es mit Blick auf Zweierbündnisse nur zu einer großen Koalition reichen, könnten sich Union, Grüne und Liberale möglicherweise alternativ auch auf eine „Jamaika-Koalition“ einigen.