Berlin. Russland, Iran und Türkei vereinbaren einen Plan für Syrien. Die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden scheinen besser als zuvor.

Im Syrien-Konflikt richten sich nun alle Hoffnungen auf einen von Russland, dem Iran und der Türkei ausgehandelten Friedensplan. Eine von den drei Regierungen vereinbarte Waffenruhe für das bürgerkriegsgeplagte Land hat am Freitag zunächst gehalten. Sie galt ab Mitternacht, schloss allerdings extremistische Gruppierungen wie die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) aus. Unklar war, ob die Feuerpause auch für Al-Qaida-Ableger wie die frühere Nusra-Front gilt.

Kurz nach Mitternacht berichteten Beobachter und Rebellen noch von einzelnen Gefechten zwischen Aufständischen und Regierungstruppen entlang der Provinzgrenze zwischen Idlib und Hama. Idlib ist die letzte größere Hochburg von islamistischen Rebellen, in die zuletzt etliche Kämpfer aus dem eingekesselten Ost-Aleppo geflohen waren.

Oppositionsgruppen bekennen sich zur Feuerpause

Auch aus einigen anderen Teilen Syriens wurden Schüsse gemeldet. Später flauten die Scharmützel aber ab, und die Waffenruhe wurde weitgehend befolgt. Gegen Mittag wurden Gefechte aus der Umgebung der Hauptstadt Damaskus gemeldet.

Das russische Verteidigungsministerium unterstrich, mehrere Rebellengruppen hätten die Vereinbarung unterzeichnet. Auch ein Sprecher der Freien Syrischen Armee (FSA), ein loser Zusammenschluss von oppositionellen Verbänden, bekannte sich zur Waffenruhe. Ein FSA-Kommandeur zeigte sich zuversichtlich, dass der dritte Anlauf in diesem Jahr erfolgreich sein könnte.

Russland und Türkei einigen sich auf Friedensplan

„Neu ist die internationale Beteiligung“, sagte Fares al-Bajusch. Im Februar und im September waren Abmachungen über eine Feuereinstellung nach wenigen Wochen gescheitert.

Darüber hinaus haben sich Russland und die Türkei auf einen Friedensplan geeinigt. Damit entsteht eine neue Bühne für die Krisenregion Nahost. In den vergangenen Monaten hatte der UN-Vermittler Staffan de Mistura immer wieder versucht, die internationalen Akteure USA und Russland, aber auch wichtige regionale Mächte wie die Türkei oder Saudi-Arabien einzubinden. Vergeblich.

Syrische Regionen sollten Autonomie bekommen

Die neue Abmachung sieht nach Angaben aus Verhandlungskreisen eine Aufteilung Syriens in informelle Einfluss-Zonen vor. Präsident Baschar al-Assad bliebe demnach zumindest noch für einige Jahre im Amt.

Die syrischen Regionen sollten eine Autonomie innerhalb einer föderalen Struktur unter Kontrolle der Alawiten erhalten. Die Alawiten stellen in Syrien die Elite um den Herrscher Assad. Es handelt sich um eine schiitische Sekte, die sich in dem sunnitisch geprägten Land in der Minderheit befindet.

Iran muss noch überzeugt werden

Der Friedensplan stecke noch in den Kinderschuhen, hieß es. Er müsste sowohl von Assad und den Rebellen als auch letztlich von den Golfstaaten und den USA gebilligt werden. „Eine abschließende Einigung wird schwer, aber es ist Bewegung in die Positionen gekommen“, sagte der Generaldirektor des Russischen Rats für Internationale Angelegenheiten, Andrej Kortunow. Das Institut steht dem russischen Außenministerium nahe.

Assads Macht würde nach der russisch-türkischen Vereinbarung beschnitten, hieß es in Moskau und Ankara. Beide Länder seien damit einverstanden, dass Assad bis zur nächsten Präsidentenwahl im Amt bleibe. Danach soll er von einem weniger polarisierenden Politiker aus seiner alawitischen Bevölkerungsgruppe abgelöst werden. Noch müsse jedoch der schiitische Mullah-Staat Iran davon überzeugt werden.

Friedensgespräche für Mitte Januar geplant

Zudem plant Russland für Mitte Januar Friedensgespräche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition in der kasachischen Hauptstadt Astana. Auch der Iran soll daran teilnehmen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte, die USA könnten sich dem Prozess anschließen, wenn Donald Trump das Präsidentenamt am 20. Januar übernommen habe. Er wolle auch Ägypten, Saudi-Arabien, Katar, den Irak, Jordanien und die Vereinten Nationen einbeziehen.

Der Grund für die neue Verhandlungsdynamik liegt in erster Linie in Moskau. Russland ist es offenbar gelungen, die Türkei einzubinden. Präsident Recep Tayyip Erdogan, lange Zeit ein erbitterter Gegner Assads, sei nun bereit, auf dessen sofortigen Abtritt zu verzichten, hieß es. „Unsere Priorität ist nicht, dass Assad geht, sondern, dass der Terrorismus besiegt wird“, sagte ein hochrangiger türkischer Regierungsvertreter.

Ankara und Moskau ändern ihre Positionen

Sobald der IS besiegt sei, könnte Russland die Türkei dabei unterstützen, die kurdische PKK zu vernichten. Die Türkei habe in Syrien „das Thema Machtwechsel vollständig aufgegeben“, betonte der Chef des türkisch-russischen Studienzentrums, Aydin Sezer.

Der Wandel in den Positionen Ankaras und Moskaus ist ein Zeichen zunehmender Realpolitik. Russland ist nicht bereit, sich in einen langen Krieg hineinziehen zu lassen. Gleichzeitig will es Syrien als Staat und als Verbündeten erhalten.

Nordsyrien als Pufferzone

Die Türkei wiederum will informell einen Großteil Nordsyriens kontrollieren. Dieser soll als Sicherheitszone für Flüchtlinge und als Pufferzone gegen den kurdischen Einfluss genutzt werden.