Brüssel. Das Gebaren Putins in der Ukraine bleibt der EU ein Dorn im Auge. Nun hat Brüssel entschieden, die Russland-Sanktionen zu verlängern.

Trotz Milliardenverlusten für die eigene Wirtschaft verlängert die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland bis mindestens 31. Juli 2017. Darauf einigte sich der EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Auch mit einer zweiten Entscheidung stellten sich die 28 Staats- und Regierungschefs gegen Russland: Mit einer Zusatzerklärung wollen sie den Weg zur Ratifizierung des von Moskau scharf kritisierten Partnerschaftsabkommens mit der Ukraine ebnen.

Das Abkommen, das 2013 Keim der Ukraine-Krise war, lag auf Eis, weil niederländische Wähler im Frühjahr bei einem Referendum mehrheitlich dagegen gestimmt hatten. Die rechtsverbindliche Erklärung soll die Bedenken der niederländischen Kritiker ausräumen. Sie hält vor allem fest, dass das Abkommen der Ukraine nicht die Tür zur EU-Mitgliedschaft öffnet. Ministerpräsident Mark Rutte kündigte an, das Abkommen nun dem Parlament zur Ratifizierung vorzulegen. Alle anderen 27 EU-Länder haben den Vertrag schon ratifiziert.

Abkommen von Minsk wird nicht umgesetzt

Das Abkommen sieht deutlich engere Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU sowie Zollfreiheit vor. Die Regelungen zum Handel gelten bereits vorläufig. Russland sieht die Westbindung der Ukraine grundsätzlich kritisch und ist nun seit knapp drei Jahren in den Konflikt um die Ostukraine verwickelt.

Dieser Konflikt war auch der Grund für die EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland 2014. Verlängert wurden sie nun, weil das Minsker Waffenstillstandsabkommen nach wie vor nicht umgesetzt ist. Sie umfassen vor allem Handels- und Investitionsbeschränkungen. Dies soll den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten in der Ostukraine stärker für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen. Die Strafmaßnahmen sind aber in der EU umstritten. Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Robert Fico aus der Slowakei hatte sie noch am Mittwochabend als unsinnig bezeichnet.

Weiteres wichtiges Thema der 28 Staats- und Regierungschefs war der Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik der EU. Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt dabei verstärkt auf den Kampf gegen Menschenschlepper und gegen die Fluchtursachen, wie sie bei ihrer Ankunft in Brüssel sagte. „Entwicklung, Sicherheit und Kampf gegen Menschenschmuggel müssen zusammengehen, damit Menschen nicht in Gefahr geraten“, betonte sie.

Lage in Aleppo drängt in den Vordergrund

In der Migrationsfrage konzentriert sich die EU inzwischen auf die Sicherung der Außengrenzen und sogenannte Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern, weil sie in ihrer Asylpolitik keine gemeinsame Linie findet. „Bei Flüchtlingen und Migranten sind wir von der flexiblen zur effektiven Solidarität übergegangen, aber wir sehen wenig Flexibilität, Effektivität oder Solidarität“, kritisierte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz auf Twitter.

In den Vordergrund drängte sich zu Beginn des Treffens aber die dramatische Lage in Syrien. Der nach Brüssel gereiste Bürgermeister von Ost-Aleppo wurde von den Gipfelteilnehmern empfangen, um die Lage vor Ort zu schildern – nach EU-Angaben eine beispiellose spontane Einladung. Bürgermeister Brita Hagi Hasan appellierte, Beobachter in das Krisengebiet zu schicken. Damit solle sichergestellt werden, dass mehr als 50.000 Zivilisten die Stadt sicher verlassen können.

Neben der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zeigten sich auch der französische Präsident François Hollande, die britische Premierministerin Theresa May und andere Teilnehmer entsetzt über das Leid der Menschen in Aleppo. Mogherini kündigte an, auch Gesprächskanäle zum Iran zu nutzen, um Fortschritte für die Menschen in Aleppo zu erreichen. (dpa)