Taiwan: Donald Trump zertrampelt außenpolitisches Porzellan
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Lesezeit: 5 Minuten
Von Dirk Hautkapp
Washington. Donald Trump leistet sich den nächsten diplomatischen Affront. Nun hat er es sich mit einer der größten Wirtschaftsmächte verscherzt.
Bevor amerikanische Präsidenten mit ihresgleichen telefonieren, wird Foggy Bottom konsultiert. Das Außenministerium, gelegen in einer manchmal vernebelten Gegend Washingtons, daher der Name, kennt rund um den Globus die heiklen Themen und die Empfindlichkeiten des diplomatischen Protokolls. Umso größer war dort das Entsetzen, als Donald Trump am Freitag mit einem Fingerstreich fast 40 Jahre lang praktizierte Zurückhaltung aufgab und plötzlich mit Taiwan sprach.
Genauer: mit Staatsoberhaupt Tsai Ing-Wen. Seit 1979, seit Washington seine Botschaft in Taiwan schloss und der damalige Präsident Jimmy Carter damit offiziell China als Herrscher über die Insel anerkannte, hat es das nicht gegeben. Der Fall hat das Zeug zum Skandal.
Niemand glaubt an ein Versehen
Große US-Zeitungen und TV-Sender berichteten mit Eilmeldungen über den Tabubruch. Aus Sicht von Diplomaten in Washington ist es: „ein echter Affront“. Die Regierung in Peking forderte die „relevanten Stellen“ in Washington auf, an der sogenannten Ein-China-Politik festzuhalten, teilte das chinesische Außenministerium am Samstag mit. Die Machthaber in Peking halten Taiwan für eine Provinz auf Abwegen. Taiwan sieht sich als unabhängige Demokratie.
Von einem Versehen Trumps, der keine Erfahrung in Regierungsgeschäften hat, redet niemand. Eher von einer „gefährlichen Provokation“ an die Adresse des Landes, das der designierte Obama-Nachfolger bereits im Wahlkampf als großen wirtschaftlichen und machtpolitischen Gegenspieler ausgemacht hat. „China bringt uns um“, rief Trump. Und meinte das wirtschaftliche Gewicht des Riesen in Fernost.
Weißes Haus distanziert sich
Das Weiße Haus distanzierte sich am Freitagabend von Trumps Alleingang. „Wir bleiben streng unserer Ein-China-Politik verpflichtet“, sagte eine Sprecherin. Trump selber verhöhnte seine Kritiker auf Twitter. Tenor: Taiwans Präsidentin habe ihm nur zum Wahlsieg gratulieren wollen. „Interessant, dass Amerika USA Taiwan Militärausrüstung im Milliardenwert verkauft, ich aber keinen Glückwunschanruf annehmen soll.“
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Blieb eine offizielle Reaktion Pekings bislang auch aus, in Washington schütteln Diplomaten über den hemdsärmeligen Auftritt Trumps den Kopf. Zumal sich seit November Spekulationen halten, wonach Trump in Taiwan ein Luxus-Ressort bauen will. „Da spielt einer den Elefanten im Porzellanladen“, sagte ein europäischer Gesandter unserer Redaktion. Nicht zum ersten Mal.
Trumps außenpolitische Aussagen irritieren
Erst vor kurzem hatte Trump durch eine Telefon-Unterhaltung mit dem pakistanischen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif Stirnrunzeln ausgelöst. Das Land, Atom-Macht und bitterarmer Vielvölkerstaat, beherbergte nicht nur Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden.
Donald Trumps schlimmste Sprüche
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Auch die Kommando-Ebenen der Taliban und anderer Terror-Netzwerke, die den USA im Nachbarland Afghanistan seit 2001 das Leben schwer machen, suchen hier Schutz. Obama hat in den achten Jahren seiner Amtszeit einen Besuch in Islamabad strikt vermieden. Trump dagegen lobte Sharif über den grünen Klee.
Im Wahlkampf wetterte Trump noch gegen Pakistan
„Sie sind wahnsinnig toll. Ihr Land ist großartig. Pakistaner gehören zu den intelligentesten Menschen.“ Laut pakistanischen Medien, die das Telefonat mit Trump genüsslich ausschlachteten, bot Trump seinem Gegenüber einen Blankoscheck an. Er werde, „jede Rolle übernehmen, um die Probleme des Landes anzusprechen und Lösungen zu finden.“
Beim großen Nachbarn Indien wurde dies umgehend als Angebot verstanden, im Kaschmir-Konflikt, der Indien und Pakistan seit Jahren in Feindschaft hält, zu vermitteln. Ob Trump das bedacht hat? Im Wahlkampf kanzelte der New Yorker Unternehmer Pakistan als Land ab, das auf Milliarden-Zahlungen aus den USA stets mit „Betrug und Respektlosigkeit“ reagiert habe. Was denn nun?
Trump scheint, sich in seiner Rolle zu gefallen
„Als Präsident darf sich Donald Trump nicht länger leisten, irritierende Signale zu senden und damit Missverständnisse auszulösen“, sagen Experten der Denkfabrik Brookings. Genau das aber macht Trump seit Tagen. Und wie es scheint mit Wonne.
Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein
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Erst erwies er dem seit 25 Jahren autokratisch regierenden Präsidenten der früheren Sowjet-Provinz Kasachstan, Nursultan Nasarbajew, am Telefon die Reverenz. Einem Mann, der sich vor einem Jahr mit manipulationsverdächtigen 98 Prozent zum fünften Mal im Amt bestätigen ließ.
Senator: „Mit solchen Aktionen beginnen Kriege“
Später lud er den philippinischen Staatschef Rodrigo Duterte, der Obama als „Hurensohn“ bezeichnet und öffentlich zur Lynchjustiz an Drogendealern aufruft, zum Staatsbesuch nach Washington ein. Zuvor hatte Trump Downing Street Nr. 9 mit dem unerbetenen Hinweis verstimmt, Brexit-Befürworter Nigel Farage, ein Bewunderer Trumps, habe das richtige Format für den Job des britischen Botschafters in Amerika.
Republikanische Routiniers der Außenpolitik halten sich bislang zurück mit Kritik. Dafür nehmen die Demokraten Trump offen ins Visier. „Mit solchen Aktionen beginnen Kriege“, kommentierte Senator Chris Murphy Trumps Taiwan-Torheit. Der neue Präsident möge sich schleunigst beraten lassen, bevor er in der Weltgeschichte herumtelefoniert.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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