Wien. Wer wird der neue Präsident Österreichs? Nachdem die erste Wahl annulliert worden war, wählen die Österreicher am Sonntag noch einmal.

Die beiden Präsidentschaftsanwärter in Österreich haben sich drei Tage vor der Wahl ein inhaltlich scharfes und teilweise emotionales Duell geliefert. Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen und der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, bezichtigten sich mehrfach der Lüge in verschiedenen politischen Fragen. Große Gegensätze prägten die Antworten auf außenpolitische Fragen im letzten TV-Duell vor der Abstimmung am Sonntag.

Hofer (45) setzte sich erneut für ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland ein. Van der Bellen (72) kritisierte die Verletzungen der Menschenrechte in der Türkei, will die Kontakte aber nicht abbrechen.

Wahl wurde wegen fehlerhafter Briefwahlumschläge verschoben

Eine neue Position ergab sich beim Umgang mit zurückgekehrten Dschihadisten der Terrormiliz Islamischer Staat. „Wenn Sie sich der Fremdenlegion anschließen, verlieren Sie die Staatsbürgerschaft, wenn Sie zum IS gehen, verlieren Sie die Staatsbürgerschaft nicht“, kritisierte Hofer. Van der Bellen, stellte sich gegen diesen Vorschlag. Die Staatsbürgerschaft sei ein ganz besonderes Gut. „Auch ein Mörder verliert die Staatsbürgerschaft nicht“, sagte er.

Experten rechnen mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen um das höchste Amt der Alpenrepublik. Die erste Stichwahl im Mai war wegen organisatorischer Schlampereien annulliert worden. Der Ersatztermin Anfang Oktober wurde kurzfristig wegen fehlerhafter Briefwahlumschläge verlegt.

Wahl mit Signalwirkung

Vor rund sechs Monaten lag Van der Bellen knapp 31.000 Stimmen vor Hofer. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) frohlockte damals: „Europa fällt ein Stein vom Herzen.“ Nach der Annullierung der Wahl sind die Vorzeichen zum Ausgang nun schwierig zu deuten. Fest steht nur: Ein Sieg des FPÖ-Kandidaten wäre der bisher größte Triumph der Rechtspopulisten in Europa.

Durch die Termin-Verschiebung wächst der Wahl plötzlich eine neue Signalwirkung zu. Nach dem von Populisten initiierten Brexit, der Wahl des Populisten Donald Trump zum US-Präsidenten und dem möglichen Sieg der Populisten beim Verfassungsreferendum in Italien könnte sie ein weiterer Baustein hin zum Umbau des europäischen Hauses werden – mit vielfach gefürchteten Folgen.

Geringere Beteiligung als bei letzter Wahl erwartet

Der österreichische Politologe Peter Filzmaier warnt aber davor, die Analogien der Entscheidungen überzustrapazieren. Insgesamt erwarten die Meinungsforscher eine schwächere Wahlbeteiligung als im Mai mit damals 72,7 Prozent.

Der Wahlkampf hat tiefe Spuren hinterlassen. Der Graben zwischen den Anhängern von Van der Bellen und Hofer ist breit. Versöhnung des wahlmüden Volks muss nach Überzeugung beider Kandidaten ihr künftiges Thema sein. Sie haben eine erneute Anfechtung der Wahl praktisch ausgeschlossen. (dpa)