Berlin. Miete, heizen, Urlaub: Für viele Arbeitslose wird das Geld selbst bei alltäglichen Ausgaben zu knapp. Die Linke sieht Handlungsbedarf.

Fast jeder dritte Arbeitslose in Deutschland kann sich Dinge des täglichen Lebens nicht leisten. Im vergangenen Jahr waren 30,1 Prozent der Erwerbslosen von erheblicher materieller Entbehrung betroffen, wie aus einer Statistik hervorgeht, die der dpa vorliegt.

Die offiziellen Zahlen zeigen, dass 2008 erst 26 Prozent der Erwerbslosen davon betroffen waren. Seit 2012 lag der Anteil stets über 30 Prozent. Die Zahlen aus der Befragung „Leben in Europa“ stammen vom Statistischen Bundesamt. Die Behörde stellte die Werte auf Anfrage der Linken im Bundestag zusammen.

Verhältnismäßig mehr Betroffene in Deutschland als in der gesamten EU

Erhebliche materielle Entbehrung liegt laut einer Definition der Europäischen Union vor, wenn man sich vier von neun bestimmte Güter oder Aktivitäten nicht leisten kann.

Dazu zählt, wenn man nicht rechtzeitig Miete, Wasser und Strom zahlen kann, wenn man die Wohnung nicht immer ausreichend heizen oder unerwartete Ausgaben oft nicht decken kann. Es zählt dazu, wenn man sich nicht jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder Gleichwertigem leisten kann, sich keinen zumindest einwöchigen Urlaub im Jahr, kein Auto, keine Waschmaschine, keinen Fernseher oder kein Telefon leisten kann.

Der europäische Vergleich zeigt: Unter erheblicher materieller Entbehrung leiden im Durchschnitt aller EU–Mitgliedsländer weniger Arbeitslose als in Deutschland. Der Anteil liegt im EU-Schnitt bei einem Viertel (25,2 Prozent im Jahr 2015).

Linke fordert Anhebung der Hartz-IV-Sätze

Linke-Fraktionsvize Sabine Zimmermann wertete die Befunde als Armutszeugnis für den Sozialstaat. „Das für die meisten Erwerbslosen einschlägige Arbeitslosengeld II ist nicht armutsfest.“ Angemessene Teilhabe an der Gesellschaft würden nicht gewährleistet, selbst elementare Bedürfnisse nicht ausreichend gedeckt.

Bei der derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen Neufestlegung der Hartz-IV-Sätze für 2017 müsse Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) die Regelbedarfe spürbar anheben. „Das Kleinrechnen des Existenzminimums muss endlich beendet werden.“ Zimmermann forderte einen Regelsatz von 560 Euro im Monat. (dpa)