Washington. Die Bildung des künftigen US-Kabinetts entpuppt sich als enorm schwierig. Hinter den Kulissen kommt es immer wieder zu Ränkespielen.
Wenn ihm eine Laus über die Leber läuft, geht Amerikas designierter Präsident Donald Trump gern auf Twitter. Die Dinge zurechtrücken. Tacheles reden. Oder einfach mal in 140 Zeichen Dampf ablassen. Am Mittwoch wieder. Anlass: Unvorteilhafte Berichte über ein Hauen und Stechen, über ideologische Rivalitäten, über „messerkampfähnliche“ Verhältnisse in seinem Übergangs-Team vor der Amtseinführung am 20. Januar.
Um die Lage zu beruhigen, schrieb Trump, dass der Auswahlprozess für die Kabinetts-Bildung „sehr geordnet“ ablaufe. Auf die in den Medien zirkulierenden Namen, so der 70-Jährige indirekt, müsse man nicht viel geben. „Ich bin der Einzige, der weiß, wer in der engeren Auswahl ist.“
Kopfschütteln über Personalien
Wenigstens etwas, sagen Spötter in Washington. Und schütteln den Kopf über das, was seit Tagen aus Trumps Hochhaus in Manhattan durchsickert: New Jerseys Gouverneur Chris Christie, über Monate Trumps erster Adjutant bei der Aufstellung einer Regierungsmannschaft, wurde über Nacht kaltgestellt und durch Vizepräsident-in-spe Mike Pence ersetzt.
Ben Carson, pensionierter Gehirnchirurg, einst Trumps Mitbewerber um die Präsidentschaft und für den Posten des Gesundheitsministers im Gespräch, ließ sich plötzlich entschuldigen – „ich habe keine Regierungserfahrung“. Mike Rogers, bis vor kurzem im Kongress als republikanische Kapazität in Fragen der Inneren Sicherheit bekannt und Kandidat für die Spitze im Geheimdienst CIA, suchte von einer Stunde auf die andere das Weite. Gründe? Offiziell herrscht Schweigen im Trump-Lager.
Trump habe sich Problemherd ins Haus geholt
Dabei sind die Konsequenzen der hinter den Kulissen laufenden Ränkespiele nicht zu übersehen. Eliot Cohen, bis 2009 Sicherheitsberater der Regierung George W. Bush, hat das Tohuwabohu in der „Washington Post“ ausgebreitet. Fazit: Durch die Installation von Parteichef Reince Priebus (als Stabschef) und des rechtsdralligen Medienunternehmers Stephen Bannon (als Chef-Stratege) habe Trump sich einen Problemherd ins Haus geholt, der durch die „graue Eminenz“ (Trumps Schwiegersohn Jared Kushner) noch zusätzliche Sprengkraft bekomme. „Diese Konstellation kann nur schiefgehen“, zitieren US-Zeitungen Insider.
Cohen beschreibt die Trump-Truppe als Intrigantenstadl, die Atmosphäre sei „böse“ und „arrogant“. Republikanischen Talenten, die mit der Idee liebäugeln, in den Dienst einer Trump-Administration zu treten, rät der Polit-Routinier ab. „Euer Land braucht euch - nur jetzt noch nicht.“
Absetzung Christies hat Prozess erschwert
Die Absetzung von Christie als Leiter des „Transition“-Teams hat den Prozess enorm erschwert. Vizepräsident Pence musste bis diesen Mittwoch gegenüber dem Weißen Haus jede Menge Papierkram erledigen. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht Lobbyisten aus der Wirtschaft in die Personalauswahl für die rund 4000 zu vergebenden Top-Jobs im Regierungsapparat eingebunden werden.
Unterdessen wächst für Trump der Erwartungsdruck, endlich Schlüsselstellen zu besetzen. Dazu zählt das Außenministerium – hier sind New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani und der frühere UN-Botschafter John Bolton erste Wahl – und das Verteidigungsressort, wo der erzkonservative Senator Jeff Sessions aus Alabama offenbar die besten Karten besitzt. In beiden Fällen handelt es sich um unbeirrbare Gefolgsleute, die von Stunde Null an den Bau-Milliardär unterstützt haben. Über ihre fachliche Qualifikation wird gelinde gesagt heftig gestritten. Zählt aber nicht. „Donald Trump“, so formulierte ein europäischer Top-Diplomat, „belohnt frühe Loyalität.“