Berlin. Schon im US-Wahlkampf wurde Russlands Geheimdiensten Manipulation vorgeworfen. Das droht laut Verfassungsschutz auch in Deutschland.

Der Bundesverfassungsschutz zeigt sich „alarmiert“ über die Aussicht, dass Russland im kommenden Jahr in den Bundestagswahlkampf eingreifen könnte. „Wir haben im vergangenen Jahr gesehen, dass in Deutschland von russischer Seite Einfluss genommen wurde auf die öffentliche Meinungsbildung“, sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen in einem am Mittwoch veröffentlichten Reuters-Interview.

„Dies könnte auch im nächsten Jahr stattfinden. Und da sind wir alarmiert“, sagte Maaßen auf die Frage, ob er diese Gefahr auch für den Bundestagswahlkampf sieht. Schon die Geheimdienste der USA und Frankreichs haben Russland Einmischung in die Wahlkämpfe in diesen Ländern vorgeworfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält dies 2017 ebenfalls in Deutschland für möglich.

Gezielte Desinformation wie im Fall Lisa

Maaßen verwies auf den Fall des angeblich entführten russischstämmigen Mädchens Lisa aus Berlin, in dem der russische Außenminister Sergej Lawrow die deutsche Justiz öffentlich ermahnt hatte. Die Bundesregierung hatte dies zurückgewiesen, weil sich herausstellte, dass das Mädchen nicht entführt worden war.

„Wir haben dem Eindruck, dass auf die öffentlichen Meinungsfindung und die Entscheidungsprozesse Einfluss genommen werden soll", sagte der Verfassungsschutzpräsident. Es sei wichtig, das in die Öffentlichkeit zu bringen. „Das beste Mittel ist, darüber reden“, sagte Maaßen.

Russland soll rechtspopulistische Gruppen fördern

„Wenn die Menschen merken, dass die Informationen, die sie erhalten, keine wahrhaftigen Informationen sind, sondern dass das Propaganda und Desinformation sind, dann verliert das Gift der Lüge letztendlich auch die Wirkung“, fügte er hinzu. Russland wird von Sicherheitsdiensten vorgeworfen, vor allem rechtspopulistische, antieuropäische Gruppen in EU-Staaten zu unterstützen.

Auch im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft war Russland Einflussnahme vorgeworfen worden. Die US-Regierung hatte Moskau Mitte Oktober beschuldigt, das persönliche E-Mail-Konto des Wahlkampfmanagers von Hillary Clinton, John Podesta, gehackt zu haben. Mit der Veröffentlichung von E-Mails solle die Meinung in der US-Wählerschaft zugunsten von Donald Trump beeinflusst werden, hieß es. US-Vizepräsident Joe Biden drohte Russland sogar mit Vergeltungsmaßnahmen. (rtr/küp)