Berlin. Die Polizei geht stärker gegen kriminelle Banden und Terroristen vor. Aus Sicht einer Gewerkschaft sollte das mehr gewürdigt werden.

Mitte Oktober, Razzia bei einem Reichsbürger im bayerischen Georgensgmünd. Der 49-Jährige eröffnet sofort das Feuer. Ein Polizist stirbt. Die Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an, nennen sich „Exilregierung Deutsches Reich“. Sie sind ebenso wirr wie gefährlich. Es kommt zu weiteren Polizei-Aktionen. So beschlagnahmt ein Großaufgebot von 80 Polizisten Anfang November in Solingen bei zwei Reichsbürgern Waffen und 20.000 Schuss Munition.

Am Mittwoch vor einer Woche dann der Großeinsatz gegen die türkisch-nationalistische Rockergruppe „Osmanen Germania“. Mehr als 1000 Polizisten sind im Einsatz, durchsuchen in mehreren Bundesländern rund 50 Wohnungen, Büros und Gewerberäume. Ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität.

„Wir trocknen diese Szene aus“

Und jetzt die groß angelegte Razzia bei den Salafisten. 200 Wohnungen, Moscheen, Büros und Lagerhallen in mehr als 60 Städten in zehn Bundesländern wurden durchsucht. Der Verein „Die wahre Religion“, deren Mitglieder in Fußgängerzonen Korane verteilen, wird verboten. Die Aktion wurde mehr als ein Jahr lang geplant. Entsprechend energisch sind die Aussagen der Innenminister. „Wir trocknen diese Szene aus“, sagte zum Beispiel Ralf Jäger (SPD), Innenminister von Nordrhein-Westfalen.

Schlag gegen Salafistenszene in Deutschland

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    Es ist ein Muster erkennbar: Die deutschen Sicherheitsbehörden greifen seit ein paar Wochen verstärkt durch. „Der Staat zeigt, dass Extremismus egal welcher Art bei uns nicht geduldet wird“, sagte Ansgar Heveling (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, dieser Zeitung. Die salafistische Szene sei jetzt verunsichert. „Sie wird aber gewiss schnell Wege suchen, um dem Verbot auszuweichen.“ Im Zweifel müssten dann die Sicherheitsbehörden den nächsten Schlag vorbereiten.

    Heftige Kritik an Staatsministerin Özoguz

    Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, begrüßt das harte Durchgreifen. „Die vielen Razzien haben den Zweck, dass mehr Druck auf die extremistischen Szenen aufgebaut werden soll“, sagte Wendt dieser Zeitung. Diese Strategie sei richtig: Man dürfe diese Extremisten nicht zur Ruhe kommen lassen. Für die Zukunft rechnet Wendt allerdings mit mehr Gewalt: „Extremistische Gruppen werden sich in einer sogenannten Wechselwirkungsspirale immer weiter nach oben schaukeln.“

    Kritik gegen das Vorgehen der Polizei kommt aber ausgerechnet aus der Bundesregierung. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), äußerte sich skeptisch über die Erfolgsaussichten von Razzien gegen Islamisten. In der Vergangenheit sei dabei oft nichts herausgekommen, sagte sie dem TV-Sender Phoenix. Dies hinterlasse auch bei jungen Menschen Spuren. „Da hat man den Eindruck von Willkür, da werden natürlich schnell auch Verschwörungstheorien wach, was man eigentlich als Staat mit diesen Menschen macht“, sagte Özoguz. Man müsse bei der Verfolgung von Islamisten mit „sehr großem Augenmaß“ vorgehen.

    Wendt kritisierte Özoguz scharf. „Es ist unfassbar, wie diese Frau dem Bundesinnenminister und den Sicherheitsbehörden in den Rücken fällt“, sagte Wendt. „Frau Özoguz spricht von Willkür – so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Hier sei ein klärendes Wort der Bundeskanzlerin nötig.