Berlin. Dem Staat gehen jährlich Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren. Steuersünder sollen wie Wirtschaftskriminelle behandelt werden.

Allein in Deutschland gehen dem Staat jährlich mehrere Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren – versunken in dubiosen „Briefkastenfirmen“ in Übersee. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grünen) will die Strafverfolgung verstärken und fordert die Bundesregierung zu rigideren Gesetzen gegen Steuerflucht auf.

Eine von Steffen initiierte Beschlussvorlage für die Herbsttagung der Justizministerinnen und Minister sieht vor, dass Geschäfte mit Briefkastenfirmen nicht mehr nur mit einem Bußgeld bestraft werden – sondern mit einem eigenen Straftatbestand der „Steuergefährdung durch Vermögensverschleierung“.

Vermögen in Scheingesellschaften

Wer Vermögen in Scheingesellschaften etwa in Panama verschleiert, soll nach Ansicht von Steffen als „Geldwäscher“ gelten – und das Vermögen nicht mehr „legal in den Wirtschaftskreislauf eingeführt werden können“, heißt es in dem Entwurf, der dieser Redaktion vorliegt. Stattdessen zieht der Staat das Geld ein. „Vermögensverschleierung hat nicht die gleiche Qualität wie Falschparken.

Sie sollte daher auch nicht wie falsches Parken als Ordnungswidrigkeit geahndet werden“, sagt Steffen unserer Redaktion. Sondern als Straftat. Nur wer sich freiwillig bei der Steuerbehörde anzeige, bei dem werde das Vermögen nach der Zahlung von Strafen wieder „verkehrsfähig“.

Justizminister der Länder wollen Gesetz auf den Weg bringen

Kommt der Beschluss durch, fordern die Justizminister der Länder die Regierung auf, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Senator Steffen geht dabei in einzelnen Punkten weiter im Kampf gegen Steueroasen als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sein Ministerium hat derzeit ebenfalls einen Gesetzentwurf bei Bund und Länder vorgelegt.

Kern des Vorstoßes, dessen Eckpunkte dieser Redaktion vorliegen: Deutsche sollen ihre Geschäfte mit Scheinfirmen künftig an die Behörden melden. Sonst müssen sie ein Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro zahlen. Deutsche Banken würden mit 50.000 Euro bestraft, wenn sie solche Geschäfte an Deutsche vermitteln. Experten kritisieren, dass die Strafen zu gering seien und nur auf Deutsche abzielten.

Dubiose Geschäfte von 200.000 Briefkastenfirmen

Durch ein Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca gelangten Unterlagen über dubiose Geschäfte von 200.000 Briefkastenfirmen allein in dem kleinen mittelamerikanischen Staat Panama an die Öffentlichkeit. Die Dokumente zeigen Strategien von Reichen, Politikern, aber auch Kriminellen, wie sie mithilfe von Banken, Anwaltsfirmen und Vermittlern zweifelhafte Vermögen in Steueroasen verstecken. Meist ist die Flucht in Briefkastenfirmen legal – und nur moralisch zu verurteilen.

Doch auch Drogenbosse und Waffenhändler „waschen“ schmutziges Geld aus illegalen Geschäften über Scheingesellschaften im Ausland. In Deutschland ist Geldwäsche von Kriminellen eine reisige Ökonomie, die im Verborgenen bleibt. 100 Milliarden Euro werden allein jedes Jahr „gewaschen“, so eine Studie der Universität in Halle.