Masar-i-Scharif. Angriff auf das deutsche Generalkonsulat mit Toten und Verletzten. Die Taliban bekennen sich und liefern ein krude Rechtfertigung.

Bei einem Angriff der radikalislamischen Taliban-Milizen auf das deutsche Generalkonsulat in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif mit einer Autobombe sind mindestens sechs Menschen getötet worden. Das sagte der Leiter des großen Zivilkrankenhauses der Stadt, Nur Mohammed Fais, in der Nacht zu Freitag.

Bisher seien fünf Leichen in das Krankenhaus eingeliefert worden. Nach Polizeiangaben war auch ein Attentäter ums Leben gekommen, als er vor dem Konsulat die Bombe zündete. Alle Opfer seien Afghanen. Mehr als 120 Menschen sind nach Klinikangaben verletzt worden. Deutsche waren nach Angaben des Auswärtigen Amtes nicht zu Schaden gekommen.

Alle deutschen Mitarbeiter unverletzt

Es war einer der bisher schwersten Angriffe auf ein deutsches Ziel in Afghanistan. Im Januar 2009 war die deutsche Botschaft in Kabul bei einem Autobombenanschlag beschädigt worden. Ein Talibansprecher gab damals an, zwei deutsche Diplomatenfahrzeuge seien das Ziel gewesen. Experten hielten es damals für wahrscheinlicher, dass die Taliban ein gegenüberliegendes US-Militärcamp angreifen wollten.

Taliban-Angriff auf deutsches Konsulat in Afghanistan

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    Das Generalkonsulat in Masar-i-Scharif auf einem Archivbild aus dem Jahr 2013. Eine etwa fünf Meter hohe Mauer führt um den Bau.
    Das Generalkonsulat in Masar-i-Scharif auf einem Archivbild aus dem Jahr 2013. Eine etwa fünf Meter hohe Mauer führt um den Bau. © dpa | Nicolas Armer

    Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte am Freitagmorgen, alle deutschen Mitarbeiter des Konsulats seien „sicher und unverletzt“. Die „schwer bewaffneten Angreifer“ seien vom Sicherheitspersonal des Generalkonsulats, von afghanischen Sicherheitskräften und Sondereinsatzkräften der Nato-Militärmission „Resolute Support“ aus dem etwa zehn Kilometer entfernten, von der Bundeswehr geführten Camp Marmal zurückgeschlagen worden.

    Generalkonsulat ist streng gesichert

    In dem Lager sind derzeit noch etwa 1000 deutsche Soldaten stationiert, darunter auch eine sogenannte Schnelle Eingreiftruppe. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte noch am späten Donnerstagabend einen Krisenstab einberufen.

    Im Generalkonsulat, das erst im Juni 2013 eröffnet worden war, sind etwa zwei Dutzend deutsche Mitarbeiter beschäftigt. Es ist die zweite deutsche Auslandsvertretung neben der Botschaft in der Hauptstadt Kabul. Sie befindet sich im Zentrum der Stadt, unweit der berühmten Blauen Moschee. Aus Sorge vor Anschlägen ist sie streng gesichert, unter anderem durch eine etwa fünf Meter hohe Mauer.

    Polizei spricht von einem Attentäter

    Der Angriff begann laut Einsatzführungskommando der Bundeswehr gegen 23.05 Uhr Ortszeit. Anwohner berichteten von einer gewaltigen Explosion, die einen mehrere Meter tiefen Krater in die Straße gerissen habe. Ein Sprecher des Gouverneurspalastes, Munir Farhad, sagte, sie sei so mächtig gewesen, dass in weitem Umkreis Fensterscheiben zersplitterten. Der Strom fiel aus. Ein Anwohner sagte, „wir sitzen hier im Dunkeln und haben Angst, zu fliehen. Da draußen könnten noch mehr Taliban sein.“

    Nach dem Angriff auf das Konsulat sind in der Umgebung viele Gebäude beschädigt.
    Nach dem Angriff auf das Konsulat sind in der Umgebung viele Gebäude beschädigt. © Getty Images | Anadolu Agency

    Nach Angaben des Polizeichefs der Provinz, Saied Sadat, handelte es sich nach bisherigen Erkenntnissen aber um nur einen Attentäter. Deutsche Truppen hätten das Gebäude durchkämmt und keine weiteren Angreifer entdeckt. Auch afghanische Spezialkräfte seien vor Ort und blieben bis zum Morgen, weil das Tor und Teile der Außenmauern schwer beschädigt worden seien.

    Vergeltung gegen „Invasorenland Deutschland“

    Der Attentäter habe einen mit Sprengstoff gefüllten Lastwagen gegen eine Außenmauer des Konsulats gefahren, sagte Polizeichef Sadat weiter. Es habe sich um einen Kohlelaster gehandelt. Das Gebäude wurde bei dem Angriff schwer beschädigt, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes.

    Die Taliban bekannten sich zu der Tat. Der Angriff habe sich gegen das „Invasorenland Deutschland“ gerichtet und sei Vergeltung für einen Luftangriff in der nordafghanischen Provinz Kundus.

    Angriff vom 3. November löst Kritik aus

    Am 3. November waren in Kundus US-Streitkräfte afghanischen Streitkräften unter Beschuss mit einem Luftangriff zu Hilfe gekommen. Dabei waren mehr als 30 Zivilisten ums Leben gekommen. Der Angriff löste international Kritik aus.

    Seit März ist ein kleines Kontingent deutscher Soldaten in Kundus zur Beratung der afghanischen Armee. An dem Luftangriff waren sie nach Auskunft der Bundesregierung aber nicht beteiligt. (dpa)