Brüssel . Allianz sorgt sich um die Bündnistreue. Juncker ruft nach einer europäischen Armee. Hoffnung bezüglich Donald Trumps Bündnistreue.

Es war – ähnlich wie bei Angela Merkel im fernen Berlin – ein Willkommensgruß mit ermahnenden Untertönen: „Eine starke Nato ist gut für die Vereinigten Staaten und für Europa“, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in seiner Gratulation an Donald Trump. Sollte heißen: Der Mann, der das westliche Bündnis als „entbehrlich“ bezeichnet hatte, möge bloß davon Abstand nehmen, aus solchen Wahlkampf-Parolen Präsidenten-Politik zu machen.

Da schimmert Sorge durch – in der Nato geht die bange Frage um, wie weit der unberechenbare Trump das nordatlantische Geschäftsmodell umkrempeln will.

Viele Fragezeichen angesichts Äußerungen

Was der künftige Herr über die größte Militärmacht des Globus außen- und sicherheitspolitisch vorhat, wissen sie bei der Allianz genauso wenig wie einige Kilometer weiter bei der Europäischen Union. Ein zusammenhängendes Konzept liegt nicht vor, Kontakte zu einschlägig bewanderten Beratern des neuen Mannes, soweit er solche hat, gibt es noch nicht. „Wir wollen jetzt so schnell wie möglich mit denen ins Gespräch kommen“, sagt ein Stoltenberg-Mitarbeiter.

Bis dahin bleiben Fragezeichen angesichts so manches verbalen Querschlägers des 70-jährigen Polit-Novizen. Mehr Hoffnung als Gewissheit herrscht auch bezüglich Trumps Bündnistreue, vor allem mit Blick nach Osten. Auf den Gipfeln von Wales und Warschau hat die Nato eine stärkere „Vorne-Präsenz“ – Aufrüstung – an der Ostflanke beschlossen.

Juncker will Verteidigungsunion

Sie soll zum Teil multinational organisiert werden, einen Teil wollen die USA solo übernehmen. „Wir würden natürlich gern wissen, was daraus wird“, heißt es in der Nato-Zentrale. Wie sich eine Trump-Regierung insgesamt zur Nato stellt, wird auch Folgen haben für die EU und deren Bemühungen um eine Verteidigungskomponente.

Es ist kein Zufall, dass Kommissionschef Juncker am Tag nach der Trump-Wahl feststellte, „die Amerikaner werden nicht auf Dauer für die Sicherheit der Europäer sorgen – das müssen wir schon selbst tun!“ Die EU brauche daher einen neuen Anlauf zu einer Verteidigungsunion „bis hin zu dem langfristigen Ziel der Einrichtung einer europäischen Armee“.

Von der Leyen ruft Europäer zu Eigenständigkeit auf

Ähnlich äußerte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie rief die Europäer nach der US-Wahl zu mehr sicherheitspolitischer Eigenständigkeit auf: „Europa braucht als Erstes den gemeinsamen politischen Willen für mehr sicherheitspolitische Relevanz“, schrieb sie in einem Gastbeitrag für die „Rheinische Post“. Dafür könnte der Ausgang der Wahl in Amerika einen wichtigen Impuls setzen.

Die Ministerin plädierte auch dafür, nach der Wahl auf die USA zuzugehen. „Wir sind gut beraten, die scharfen Worte Donald Trumps im Wahlkampf auch gegen Deutschland nicht zu hoch zu werten.“ Europa werde sich seinerseits um die USA bemühen müssen. „Wir werden auf internationaler Bühne weiter geschlossen die westlichen Werte gegenüber denen vertreten müssen, die ganz andere Vorstellungen über grundlegende Rechte haben.“