Berlin. Damit enden jahrelange Verhandlungen: Bund und Länder haben neue Finanzregeln festgelegt – im Wesentlichen nach den Ideen der Länder.

Bund und Länder haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf einen neuen Finanzpakt geeinigt. Vom Jahr 2020 an sollen bei der Umverteilung der Milliarden-Hilfen unter „reichen“ und „armen“ Ländern sowie zwischen Bund und Ländern neue Regeln gelten. Das am Freitag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 16 Ministerpräsidenten nach nochmals zähen Schlussverhandlungen in Berlin vereinbarte Paket sieht jährlich leicht steigende Hilfen des Bundes vor, aber auch mehr Kompetenzen für den Bund.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Einigung ausdrücklich gelobt. „Die gemeinsame Verantwortung für Polizei, Bildung, öffentliche Infrastruktur ist von großer Bedeutung für den Zusammenhalt und die Stabilität unseres Landes“, sagte Gabriel unserer Redaktion. Die Einigung sei ein „gutes Zeichen“. Er dankte „insbesondere den SPD-Ministerpräsidenten unter der Führung von Hannelore Kraft und Olaf Scholz, dass sie diese große Kraftanstrengung so großartig gemeistert haben“.

Der erzielte Kompromiss basiert dem Vernehmen nach im Wesentlichen auf dem Ländermodell, das eine radikale Neuordnung vorsieht. Der Bund soll ab 2020 den Ländern jährlich gut 9,5 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen überweisen. Die Länder hatten knapp 9,7 Milliarden Euro gefordert. Sie konnten sich mit der Forderung nach jährlich steigenden Ausgleichszahlungen des Bundes zwar durchsetzen. Allerdings werde diese Dynamisierung begrenzt, hieß es. Mit etwa 1,4 Milliarden Euro werde nur ein Teil der Summe jährlich angepasst.

Bund ringt Ländern Kompetenzen ab

Diese Dynamisierung war einer der strittigsten Punkte. Der Bund wollte ursprünglich nur einen Festbetrag von jährlich 8,5 Milliarden Euro pro Jahr zahlen – ohne eine jährlich steigende Kompensation. Die von den Ländern geforderte Dynamisierung fällt nun aber deutlich geringer aus, die Lasten für den Bund nehmen also weniger stark zu. Der Bund rang den Ländern zudem Kompetenzen ab.

So zeichnete sich ab, dass es eine Bundesgesellschaft geben soll, die Investitionen ins Fernstraßennetz in einer Hand bündeln und Reibungsverluste beseitigen soll. Bisher gibt der Bund das Geld. Fürs Planen, Bauen und Erhalt sind aber die Länder zuständig. Über diesen Punkt war noch bis zuletzt verhandelt worden.

Kontrollrechte des BGH sollen erweitert werden

Mehr Zugriff könnte der Bund auch bei der Digitalisierung erhalten, um den Wildwuchs in Ländern und Kommunen einzudämmen. Der gemeinsame Stabilitätsrat zur Überwachung der Haushalte dürfte gestärkt, die Kontrollrechte des Bundesrechnungshofes sollen erweitert werden.

Der Bund hatte zuletzt eine Liste von 17 Punkten zur „Verbesserung der Aufgabenteilung“ in die Verhandlungen eingebracht. Am Ende sei noch über sieben verhandelt worden, hieß es. Der Bund forderte neben der Infrastrukturgesellschaft auch, dass Länder Sozialleistungen wie Eingliederungshilfen in Eigenregie gewähren. Der Unterhaltsvorschuss soll komplett von den Ländern übernommen und die Ausgaben vom Bund erstattet werden, wurde vorgeschlagen.

Die Bund-Länder-Finanzbeziehungen mussten neu geregelt werden, weil der bisherige Länderfinanzausgleich und der „Solidarpakt II“ im Jahr 2019 auslaufen. Gegen das System hatten auch Geberländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen geklagt. Zehn Jahre nach der letzten Föderalismusreform werden nun die Finanzbeziehungen neu geordnet.

Seehofer feiert „wichtigsten Erfolg für Bayern“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zeigte sich sehr zufrieden. „Das ist der wichtigste Erfolg für Bayern in meiner gesamten Laufbahn“, sagte der CSU-Chef der „Süddeutschen Zeitung“. Bayern hatte gefordert, künftig mindestens eine Milliarde weniger in den Länderfinanzausgleich einzuzahlen. Nach vorläufigen Berechnungen zahlt das größte Geberland künftig 1,3 Milliarden Euro weniger.

Die 16 Länder hatten sich im Dezember auf ein Modell verständigt - mit einer Umverteilung zulasten des Bundes. Die Länder wollten den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form abschaffen und Transfers untereinander streichen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Union und SPD im Bundestag hatten dies abgelehnt. Sie pochten darauf, dass sich die Länder weiter untereinander helfen. Der Finanzausgleich solle zwar verringert, aber erhalten bleiben. (dpa)