Berlin/Dresden. Empörung und Wut sind groß nach dem Suizid Dschaber al-Bakrs in seiner Zelle. Sachsens Behörden sagen: Die Gefahr war nicht erkennbar.

Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der JVA Leipzig geraten die sächsischen Justizbehörden massiv unter Druck. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte eine schnelle Aufklärung. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt sagte, er sei fassungslos. Politiker von SPD, Linken und Grünen äußerten am Donnerstag Empörung und Unverständnis.

Die sächsischen Behörden ihrerseits wiesen am Donnerstag auf einer Pressekonferenz eine Verantwortung für die Ereignisse von Leipzig zurück – zeigten sich aber dennoch selbstkritisch.

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse im Fall al-Bakr

• Der 22-jährige Dschaber al-Bakr erhängte sich am Mittwochabend mit seinem Hemd an einem Gitter seiner Zelle. Der Tote wurde bei einer Kontrolle um 19.45 Uhr entdeckt. Reanimationsbemühungen blieben erfolglos. Gegen 20.15 Uhr sei durch eine Notärztin der Tod al-Bakrs festgestellt worden.

• Al-Bakr war nach seiner Einlieferung in die JVA in einen Hungerstreik getreten. Er wurde zunächst alle 15 Minuten in seiner Zelle kontrolliert. Später wurde der Rhythmus nach Rücksprache mit einer Psychologin auf 30 Minuten ausgeweitet.

Keine Hinweise auf Suizidgefahr

• Nach den Worten des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) hatten die Behörden keine Hinweise auf eine Suizidgefahr des Terrorverdächtigen. Gemkow bedauerte den Suizid: „Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte er. Die Selbsttötung habe stattgefunden, „obwohl wir alles Mögliche getan haben, um das zu verhindern“. Die Prognosen beteiligter Fachleute, dass keine akute Selbstmordgefahr bestehe, hätten sich nicht bestätigt.

• JVA-Chef Rolf Jacob sagte, der Häftling habe sich „ruhig und zurückhaltend“ in der JVA verhalten. Im Nachhinein könne man aber selbstkritisch fragen: „Waren wir vielleicht doch ein bisschen zu gutgläubig? Haben wir dem äußeren Anschein zu viel Bedeutung beigemessen?“ In Summe habe man sich jedoch an alle Vorschriften gehalten.

Justizminister Gemkow lehnt Rücktritt ab

• Seit al-Bakr am Montag in die JVA gekommen sei, habe er unter anderem eine Deckenlampe zerstört und eine Steckdose manipuliert. Dies sei aber nicht als Suizidgefährdung, sondern als Vandalismus angesehen worden.

• Minister Gemkow erklärte, er übernehme qua seines Amtes die politische Verantwortung. Für einen Rücktritt gebe es aber keine Veranlassung.

• Der zweite Verdächtige in dem Fall befindet sich in der JVA Dresden. Er werde jetzt wegen möglicher Suizidgefahr in seiner Zelle durch eine Sitzwache dauerhaft kontrolliert, sagte der Abteilungsleiter Vollzug des Justizministeriums, Willi Schmid. (mit dpa)