Berlin. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter – trotz sinkender Arbeitslosigkeit. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie.

Die Armut in Deutschland verfestigt sich nach einer neuen Studie zunehmend. „Arm bleibt arm und reich bleibt reich – das gilt aktuell noch deutlich stärker als vor 20 Jahren“, sagte Anke Hassel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bei der Vorlage der Untersuchung am Montag in Berlin.

Zwischen 1991 und 1995 schafften es laut WSI noch rund 58 Prozent der Armen, in eine höhere Einkommensgruppe aufzusteigen. Knapp 20 Jahre später, zwischen 2009 und 2013, gelang das innerhalb von fünf Jahren nur noch 50 Prozent. Einen neuen Höchststand gibt es demnach auch bei der Ungleichheit der Einkommen.

Risiko des finanziellen Abstiegs gewachsen

Demnach bleiben arme Menschen häufiger dauerhaft arm, während sehr reiche sich zunehmend sicher sein können, ihre Einkommensvorteile auf Dauer zu behalten. So schaffe es die Hälfte der Armen nicht, innerhalb von fünf Jahren aus der Armut herauszukommen – deutlich mehr als noch in den 1990er Jahren. Für Angehörige der unteren Mittelschicht sei das Risiko des finanziellen Abstiegs gewachsen, während Wohlhabende tendenziell größere Aufstiegschancen hätten.

Die Forscher vom WSI berufen sich auf Daten von 2013, aktuellere Zahlen gibt es nicht. Zur Frage, wie sich die Lage in den vergangenen Jahren im Zuge von Beschäftigungsrekorden und sinkender Arbeitslosigkeit entwickelt habe, sagte WSI-Expertin Dorothee Spannagel: „Der Aufschwung ist nicht bei allen angekommen.“ Es gebe steigende Armutsquoten – auch durch die Flüchtlinge – und steigende Reichtumsquoten. Deshalb habe sie die Vermutung, „dass sich nicht wahnsinnig viel getan habe“.

Als arm gilt, wer weniger als 11.758 Euro im Jahr hat

Als arm ist definiert, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens von 19.597 Euro netto im Jahr hat (Ein-Personen-Haushalt/2013). Das entspricht einem Jahres-Einkommen von weniger als 11.758 Euro.

Die Einkommensangaben in der Studie beziehen sich auf die Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP), eine jährlich stattfindende, repräsentative Erhebung der Haushalte in Deutschland. Abgefragt wird dabei etwa das Einkommen, und zwar inflationsbereinigt, wobei die Einkommensangaben für unterschiedliche Haushaltsgrößen vergleichbar gemacht werden. (rtr/dpa)