Warschau. Zehntausende Polinnen protestierten gegen ein drohendes Abtreibungsverbot – mit erstem Erfolg: Der Gesetzentwurf wurde nun gekippt.

Überraschend hat Polens Regierung ihren Kurs in der Abtreibungspolitik geändert und die weitere Verschärfung des Abtreibungsverbotes gekippt. In einer eilig einberufenen Sitzung lehnte das Parlament den Gesetzesentwurf einer Bürgerbewegung von Abtreibungsgegnern am Donnerstag nach zweiter Lesung ab. 352 Abgeordnete stimmten dafür, die heftig umstrittene Initiative zu verwerfen, 58 waren dagegen, 18 enthielten sich.

Damit reagierte die mit absoluter Mehrheit regierende PiS-Partei, die den Entwurf zunächst unterstützt hatte, auf internationale Kritik und massive Proteste. Zehntausende Frauen und Männer hatten in den vergangenen Tagen gegen das vorgesehene Totalverbot von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Haftstrafen für Frauen und Ärzte nach Abtreibungen protestiert. Die Nationalkonservativen wollen polnischen Medienberichten zufolge einen eigenen, weniger restriktiven Gesetzesentwurf einbringen.

Abtreibung schon jetzt streng geregelt

Die umstrittene Initiative der Bürgerbewegung „Stop Aborcji“ („Stoppt Abtreibungen“) will jede Form von Abtreibung verbieten lassen – so auch Schwangerschaftsabbrüche nach einer Vergewaltigung. Nach polnischem Recht können Bürgerbewegungen Gesetzentwürfe einbringen, wenn sie genug Unterstützer finden.

In Kreisen der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) fürchtete man nach den Protesten, das Gesetz könnte die Partei bei den nächsten Wahlen 2019 um den Sieg bringen, wie die Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtete. Schließlich hatte Polens Parlament, in dem die nationalkonservative PiS die absolute Mehrheit hat, den Entwurf der Abtreibungsgegner in erster Lesung angenommen und damit massive Proteste ausgelöst.

PiS-Gegner feiern bereits Sieg der Freiheit

Landesweit gingen am Montag Zehntausende Polinnen auf die Straße. Das Land hat bereits eine der strengsten Regelungen in Europa: Frauen dürfen nur abtreiben, wenn sie vergewaltigt worden sind, das Leben der Mutter in Gefahr ist oder das Kind eine schwere Behinderung hat.

Gegner der Gesetzesverschärfung werteten die schnelle Reaktion der Regierenden als Erfolg ihrer Proteste. „Die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung haben gewonnen“, sagte Ex-Ministerpräsidentin Ewa Kopacz von der liberalkonservativen Bürgerplattform PO. (dpa)