Warschau. Für viele Polen ist es sichtbares Symptom eines Dilemmas: Es geht um Abtreibung in einer TV-Debatte – und eingeladen sind nur Männer.

Schwangerschaft, Babys, Vergewaltigung, Abtreibung – Themen, die das polnische Fernsehen offenbar auch gut ohne Frauen diskutieren kann. In sozialen Netzwerken machen sich Fassungslosigkeit, Hohn und Spott breit über die Talksendung „Kawa na ławę“ (wörtlich: „Kaffee auf den Tisch“, eine Redewendung für Klartext) im größten privaten Nachrichtensender Polens. Das Kaffeekränzchen diskutierte rein männlich besetzt ein Thema, das Polens Gesellschaft spaltet: die Verschärfung des Abtreibungsrechts.

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Talk-Gastgeber Bogdan Rymanowski sieht sich nun nach seiner Sendung mit sechs männlichen Gästen heftiger Kritik ausgesetzt. Vor allem Jüngere sind entsetzt, dass keine Frau mitreden durfte. „Schwer zu sagen, ob das jetzt ein Ausdruck Ihrer Arroganz, Ignoranz oder Frauenverachtung ist“, schreibt ihm eine Nutzerin auf seiner Facebookseite. Eine andere nennt ihn einen Verfechter der Sharia: „Das ist er, wenn er nicht nächste Woche sieben Frauen diskutieren lässt, ob Viagra legal genutzt werden darf.“

Sendung am Tag vor landesweiten Frauenprotesten

Das Foto der Männerrunde macht in verschiedenen Varianten die Runde im Netz, oft mit dem Hashtag #mediabezkobiet, Medien ohne Frauen. Ein Zuschauer fühlte sich an Saudi-Arabien erinnert, Ausrichter einer Konferenz über die Frau in der Gesellschaft ohne Frauen.

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Die Sendung wurde am Vortag landesweiter Proteste von Frauen gegen das geplante Gesetz zur Verschärfung des Abtreibungsrechts ausgestrahlt. Der Gesetzesentwurf der Bürgerinitiative „Stop Aborcji“ (Stoppt Abtreibungen) war Ende September im polnischen Parlament in erster Lesung angenommen worden. Dort dominiert die national-konservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Die Abtreibungsgegner fordern neben dem totalen Verbot von Schwangerschaftabbrüchen auch verschärfte Strafen von bis zu fünf Jahre Haft für Frauen und Ärzte.

Zehntausende auf der Straße

Hintergrund: Das polnische Abtreibungsrecht, das bereits zu den strengsten in Europa zählt, soll weiter eingeschränkt werden. Frauen können schon bisher nur dann legal abtreiben, wenn sie vergewaltigt wurden, das Leben der Mutter in Gefahr ist oder das Kind eine schwere Behinderung hat. Nun soll Abtreibung nur noch straffrei sein, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Das Vorhaben beschäftigt am Mittwoch auch das Europaparlament.

Am Montag demonstrierten Zehntausende Frauen in Polen und einigen anderen europäischen Städten schwarzer Kleidung gegen das totale Abtreibungsverbot. Auch in Berlin hatte es eine Solidaritätskundgebung gegeben.

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Zehntausende Frauen beim „schwarzen Montag“ in Warschau, der Protestkundgebung gegen das Abtreibungsverbot.
Zehntausende Frauen beim „schwarzen Montag“ in Warschau, der Protestkundgebung gegen das Abtreibungsverbot. © dpa | Radek Pietruszka

Der Widerstand läuft unter dem Motto „schwarzen Protest“ (#Czarnyprotest). Empörung löste Polens Außenminister Witold Waszczykowski aus, der den Frauen vorwarf, sich auf der Straße zu amüsieren: „Wir haben es hier mit einem ernsten Thema zu tun. Über Leben und Tod sollte man ernsthaft sprechen. Nicht auf der Straße.“

Abtreibungsrecht bereits sehr streng

Die Redaktion der zweitgrößten Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ hatten dagegen Aufsehen erregt, weil sich die Männer der Redaktion mit dem „schwarzen Protest“ solidarisierten:

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