Dresden. Politiker fordern eine Aufklärung des Polizeieinsatzes bei der Einheitsfeier in Dresden. Sachsens Innenminister verteidigt die Beamten.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat nach den Einheitsfeierlichkeiten am Montag in Dresden die Polizei gegen Kritik in Schutz genommen. Natürlich sei sie zur Neutralität verpflichtet, sagte er am Dienstag in der sächsischen Hauptstadt. Angesichts von Demonstrationen linker Gruppen und Pegida-Anhängern am Montag habe die Polizei aber „den schwierigen Spagat zwischen Fest und Festung insgesamt mit Fingerspitzengefühl gemeistert“.

Gleichzeitig ging Ulbig auf Distanz zur Lautsprecheransage eines Polizeiführers. Der Beamte hatte Pegida-Anhängern die Versammlungsauflagen der Demonstration vorgelesen und ihnen dann einen „erfolgreicher Tag“ gewünscht. Wie unsere Redaktion am Dienstagnachmittag erfuhr, ist der Polizeiführer Mitglied der niedersächsischen Polizei. Das bestätigte ein Sprecher der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen.

Die Krawalle von Pegida-Anhängern an der Frauenkirche, die Besucher des Festgottesdienstes beschimpft und ihnen einen Spießrutenlauf zur Kirche bereitet hatten, beschämten ihn „als Minister und Staatsbürger dieses Landes“, sagte Ulbig. Er dankte allen, die an dem Einsatz rund um den Tag der Deutschen Einheit in Dresden beteiligt waren.

Politiker fordern Aufarbeitung des Einsatzes

Die Grünen forderten am Dienstag eine umfassende Aufarbeitung und Auswertung des Polizeieinsatzes. „Es muss jetzt sichtbare Zeichen auch gegenüber der Bevölkerung geben, dass das Neutralitätsgebot bei der Polizei tatsächlich durchgesetzt wird“, sagte der Innenexperte der Grünen im sächsischen Landtag, Valentin Lippmann.

In Dresden liefen am Montag Anhänger der Pegida-Bewegung auf.
In Dresden liefen am Montag Anhänger der Pegida-Bewegung auf. © Getty Images | Sean Gallup

Mit ihrem „vollkommen unterschiedlichen Agieren gegenüber Pegida und Demonstrierenden des linken Spektrums“ habe die Polizei Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt. „Das was gestern stellenweise passiert ist, kann man kaum noch einem Menschen vernünftig erklären“, sagte Lippmann. „Der Wunsch nach schönen Bildern zum Tag der Deutschen Einheit aus Dresden ist schlicht an der sächsischen Realität zugrunde gegangen.“

Demonstranten beschimpfen Politiker

Kritisiert wurde auch, dass die Pegida-Demonstration vor der Frauenkirche, wo auch die Feiern zum Tag der deutschen Einheit stattfanden, überhaupt genehmigt worden war. Vertreter von Bundesregierung und Bundestag waren von Demonstranten mit „Haut ab“- und „Volksverräter“- Rufen empfangen und vehement beschimpft worden. Die Polizei sagte dazu: „Von den Personen ging keine Gefahr für Ablauf und Sicherheit der Protokollveranstaltungen aus.“ Die verbalen Äußerungen und Trillerpfeifen werte man als Form der Meinungsäußerung.

Kanzlerin Angela Merkel begrüßte am Montag Besucher der Feier in Dresden.
Kanzlerin Angela Merkel begrüßte am Montag Besucher der Feier in Dresden. © Getty Images | Carsten Koall

Die SPD dagegen sieht in den Verbal-Attacken die Grenze der freien Meinungsäußerung überschritten. „Wenn Gäste der Festveranstaltung um ihr Leben fürchten müssen und nahezu jeder Versuch, mit den Demonstranten in den Dialog zu treten, mit Pöbeleien und Beleidigungen niedergeschrien wird, hat das mit meinem Verständnis von Demokratie nichts mehr zu tun“, sagte der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, am Dienstag der „Huffington Post“.

Union wird Mitschuld vorgeworfen

Bundespräsident Joachum Gauck sprach von einem „Regentag“. Bei der Auszeichnung von 29 Bürgerinnen und Bürgern mit dem Verdienstorden sagte er am Dienstag in Berlin: „Sie sehen einen frohen Präsidenten, passend dazu scheint heute die Sonne. Ein Sonnenschein, der uns für den gestrigen Regentag in Dresden entschädigt, an dem sich nicht alle so gefreut haben, wie sie es hätten können.“

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, warf der Union eine Mitschuld an der Entwicklung vor. „Wer glaubt, mit Debatten über Leitkultur und Patriotismus AfD und Pegida eindämmen zu können, muss sich nicht wundern, wenn diese unappetitliche Brühe einmal überkocht und ihm die Finger verbrüht.“ (dpa)