Bratislava. Das Wirtschaftsabkommen CETA ist stark umkämpft. Das sind die wichtigsten Argumente der Befürworter und der Gegner in der Diskussion.

CETA ist auf dem Weg – das umstrittene Handelsabkommen mit Kanada hat diese Woche mehrere Hürden genommen. Am Montag stimmte die SPD dem umstrittenen Freihandelsabkommen mit Kanada grundsätzlich zu. An diesem Freitag berät Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit seinen EU-Kollegen in Bratislava über den Vertrag, der nach jetzigem Stand am 27. Oktober unterzeichnet werden soll. Auf der Zielgeraden prallen die Argumente von Befürwortern und Gegnern noch einmal aufeinander, verquickt immer mit der Debatte über das noch nicht fertige, aber vergleichbare Abkommen TTIP mit den USA. Hier einige Streitpunkte:

Wirtschaftlicher Nutzen

Pro: Die EU-Kommission verspricht sich von CETA mehr Wirtschaftswachstum und Exporte. Fast alle Zölle sollen wegfallen, ebenso bürokratische Hürden. Europäische Exporteure sollen so nahezu eine halbe Milliarde Euro sparen. Die Kommission erwartet, dass die Ausfuhren um etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr steigen, und rechnet vor, dass mit jeder zusätzlichen Milliarde 14.000 Jobs entstehen könnten.

Contra: Argumentation, Zahlen und Voraussagen der EU-Kommission überzeugen die Kritiker nicht. CETA-Gegner befürchten wegen der wachsenden Konkurrenz massive Jobverluste und verweisen auf die negativen Folgen früherer Abkommen.

Nicht nur in Deutschland gehen Menschen gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA auf die Straße. Auch in Brüssel kommt es zu massiven Protesten.
Nicht nur in Deutschland gehen Menschen gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA auf die Straße. Auch in Brüssel kommt es zu massiven Protesten. © REUTERS | ERIC VIDAL

Aushöhlung von Sozial- und Umweltstandards

Pro: Die EU-Kommission weist dies zurück. US-Firmen und kanadische Unternehmen blieben an EU-Standards gebunden, sollten sie auf hiesigen Märkten aktiv werden. Auch an den EU-Regelungen für genmanipulierte Lebensmittel ändere sich nichts.

Contra: Die Organisation Attac nennt CETA und TTIP eine Gefahr für europäische Sozial- und Umweltstandards, etwa beim Umgang mit genmanipulierten Lebensmitteln, die in EU-Staaten ausgewiesen werden müssen und mehr Kontrolle unterliegen.

Vorsorgeprinzip

Pro: Kanada nutzt das Vorsorgeprinzip laut Bundeswirtschaftsministerium „in vielen Fällen“ – was die Bundesregierung für ausreichend hält. Kritikern sind die Formulierungen in CETA zum Vorsorgeprinzip dagegen zu weich, sie verlangen Klarstellungen.

Contra: Kritiker sehen das in der EU geltende Vorsorgeprinzip bedroht. Es erlaubt Produkte nur, wenn sie für Mensch und Umwelt nachweislich unschädlich sind. Güter können auch vorsorglich vom Markt genommen werden, wenn verfügbare Daten noch keine umfassende Risikobewertung zulassen. In den USA gilt dagegen das Risikoprinzip und damit eine Umkehr der Beweislast: Aufsichtsbehörden müssen nachweisen, dass von einem Stoff eine Gefahr ausgeht.

Investitionsschutz

Pro: Das Wirtschaftsministerium hält die Klauseln in CETA für einen Fortschritt, lässt aber selbst Skepsis erkennen: „Die Bundesregierung hält spezielle Vorschriften zum Investitionsschutz in Freihandelsabkommen zwischen Staaten mit entwickelten Rechtssystemen weiter für nicht unbedingt erforderlich.“

Contra: CETA enthält Regelungen zum Schutz von Investitionen. Zunächst war ein Festhalten am alten System privater Schiedsgerichte vorgesehen. Nun ist beabsichtigt, dass ein öffentlicher Investitionsgerichtshof Streitfälle mit Konzernen löst. Kritiker monieren, auch das sei eine „Paralleljustiz“ wie in früheren Abkommen.

Vorläufige Anwendung

Pro: CETA muss nach der Unterzeichnung sowohl vom EU-Parlament als auch von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten beraten werden. Doch schon nach Zustimmung im Europaparlament sollen vorläufig die Teile in Kraft treten, die in EU-Zuständigkeit fallen. Welche Teile dies konkret sind, wird laut Bundeswirtschaftsministerium noch geprüft.

Contra: CETA-Kritiker sind gegen die vorläufige Anwendung, weil damit die Rechte des Bundestages beschnitten würden. Ein Bündnis will das per Eilantrag vom Bundesverfassungsgericht verhindern lassen.

Chancen auf Änderungen

Pro: Die SPD will auf Druck interner Kritiker im parlamentarischen Verfahren Nachbesserungen erreichen, etwa durch verbindliche ergänzende Erklärungen. Kanada ist bereit dazu, auch die EU-Kommission, sie schließt Nachverhandlungen am eigentlichen Vertragstext aber aus.

Contra: Die Organisation Foodwatch warnt, rechtsverbindlich seien Korrekturen nur bei Zustimmung aller Beteiligten: Kanada, EU-Mitgliedstaaten und EU-Parlament. Die Organisation dringt daher auf Änderungen am Abkommen vor der Unterzeichnung und vorläufigen Anwendung. Denn Änderungen im Ratifizierungsprozess würden Jahre dauern. (dpa)