Athen. Immer häufiger kommt es in völlig überfüllten Flüchtlingslagern zu gewalttätigen Konflikten. Nun ist die Lage auf Lesbos eskaliert.

Nach dem Brand in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos hat die Polizei 18 Flüchtlinge und Migranten festgenommen. Die Männer aus Afghanistan, Kamerun, Senegal und Syrien stünden im Verdacht, für die Brandstiftung und die Krawalle inner- und außerhalb des sogenannten Hotspots der Insel verantwortlich zu sein, berichtete die Athener Tageszeitung „Kathimerini“ am Dienstag. Mindestens neun von ihnen sollen dem Haftrichter vorgeführt werden.

Im überfüllten Auffanglager „Moria“ war es am Montagabend zu Krawallen und Brandstiftung gekommen. Die mehr als 3000 Bewohner des Lagers flohen vor den Flammen und verteilten sich auf der Insel. Mehr als 60 Prozent der Einrichtung sollen durch das Feuer zerstört worden sein, verletzt wurde jedoch niemand.

Bürgermeister befürchtet weitere Eskalationen

Der Bürgermeister von Lesbos befürchtet angesichts der chaotischen Zustände nach dem Brand weitere Eskalationen. „Ich weiß nicht, ob es heute sein wird oder in ein, zwei Tagen, aber wenn die Situation nicht umgehend entschärft wird, werden wir sicher wieder neue, noch schlimmere Vorfälle erleben“, sagte Spyros Galinos am Dienstag dem griechischen Radiosender Parapolitika FM.

Schon in den vorhergehenden Tagen war die Situation auf Lesbos angespannt; mehr als 500 Bürger hatten am Wochenende gegen den überfüllten Hotspot protestiert, darunter auch Mitglieder der rechtsextremistischen griechischen Partei „Goldene Morgenröte“. Am Montag kam es dann in den Reihen der Flüchtlinge zu Krawallen und auch zu Brandstiftung.

Gerüchte über Abschiebung in die Türkei

Die griechische Agentur ANA berichtete, Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Migrantengruppen hätten dazu geführt. Bei der Athener Tageszeitung „Kathimerini“ hieß es, im Lager habe es Gerüchte gegeben, nach denen erneut Abschiebungen von Migranten in die Türkei geplant seien, weshalb die Situation eskaliert sei.

Fest steht: Bereits im Laufe des Montags hatten mehrere hundert Migranten gegen die angeblich drohende Abschiebung protestiert. Am Nachmittag sei dann an verschiedenen Stellen inner- und auch außerhalb des Lagers Feuer gelegt worden, berichtete die griechische Zeitung „To Vima“. Zunächst seien deshalb mehr als 100 Minderjährige aus dem Lager in Sicherheit gebracht worden.

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Flüchtlinge wollen aufs Festland

Später sei die Lage dann außer Kontrolle geraten und die über 3000 Bewohner des Lagers seien geflohen. Viele machten sich demnach zu Fuß auf den Weg zur rund sechs Kilometer entfernten Inselhauptstadt Mytilini, in deren Hafen die Fähren Richtung Athen ablegen. Schon länger fordern die Flüchtlinge, aufs griechische Festland reisen zu dürfen, um den Zuständen im Hotspot zu entkommen, aber auch in der Hoffnung, sich von Athen aus weiter nach Mittel- und Nordeuropa durchschlagen zu können.

Die Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Ägäis-Inseln verschlechtert sich stetig. Die Auffanglager sind überfüllt, die Menschen fürchten ihre Abschiebung in die Türkei, die der europäisch-türkische Flüchtlingspakt seit März vorsieht. Immer wieder kommt es zu Krawallen und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Auch die Inselbewohner wollen die Situation nicht länger hinnehmen – auf Lesbos und auch auf der Insel Chios gab es in den vergangenen Tagen wiederholt Demonstrationen gegen die Flüchtlingslager.

Auffanglager überfüllt

Weil alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März illegal nach Griechenland eingereist sind, Asyl beantragen können und die Verfahren sich in die Länge ziehen, wurden erst rund 500 Menschen zurück in die Türkei geschickt. Neuankömmlinge werden auf den griechischen Inseln festgehalten, so dass die Auffanglager schon überfüllt sind.

In Moria auf Lesbos sollen 1500 Menschen Platz finden. Zuletzt harrten dort bis zu 3000 Flüchtlinge aus. Insgesamt leben nach Angaben des griechischen Flüchtlingskrisenstabs bereits mehr als 13.000 Migranten auf den Inseln Lesbos, Kos, Chios, Leros und Samos. (dpa)