Moskau. Putins Machtstütze gewinnt die Parlamentswahl in Russland. Doch die Wahlbeteiligung ist gering – und wieder gibt es Betrugsvorwürfe.

Im „Haus der Artisten“, Moskaus „Wahllokal Nummer 7“, bewacht ein junger Polizist am Sonntag gelangweilt den Eingang, drinnen studiert eine junge Wählerin nachdenklich die Gesichter der Direktkandidaten auf einer Wandtafel. 110 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag in Russland aufgerufen, über ein neues Parlament abzustimmen. Doch nur weniger als die Hälfte gingen zur Wahlurne (47,5).

Nach der Auszählung eines Teils der Stimmzettel kommt die Staatspartei Einiges Russland (ER) auf 53,8 Prozent. Bei den vergangenen Wahlen im Dezember 2011 holte die Partei von Präsident Wladimir Putin knapp 50 Prozent der Stimmen. Außer ihr ziehen in die Staatsduma die ultranationalistischen Liberaldemokraten mit 13,7 Prozent, die Kommunistische Partei mit 13,9 Prozent sowie Gerechtes Russland mit 6 Prozent ein – allesamt linientreue Parteien.

Video zeigt Frauen, die stapelweise Stimmzettel abgeben

Wie 2011 hagelte es auch am Sonntag wieder Beschwerden gegen Verstöße beim Wahlgang. Aus Westsibirien wurden mehrere „Karusselle“, mobile Gruppen organisierter Mehrfachwähler, gemeldet. Die Kommunistische Partei berichtete, ihre Aktivisten hätten in Moskau fünf Autobusse mit Mehrfachwählern blockiert.

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Ein Journalist des Petersburger Nachrichtenjournals „Fontanka“, der sich in eine Gruppe von Mehrfachwählern eingeschmuggelt hatte und sich nach dem Erhalt des vierten Wahlzettels zu erkennen gab, wurde vorläufig festgenommen. In Rostow am Don und Nichegorodsk zeichneten Kameras auf, wie Frauen, gedeckt von der Wahlkommission, stapelweise Stimmzettel in eine Wahlurne steckten. Der Moskauer Chef der sozialliberalen Partei twitterte: „Bis 13 Uhr waren das die schmutzigsten Wahlen, die ich jemals in Moskau gesehen habe.“

Wahlleiterin Ella Pamfilowa kündigte an, dass die Abstimmung in drei Wahllokalen wiederholt werden müsse, in denen es zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Ansonsten seien alle Beschwerden „Hysterie und Spekulationen“.

Ein Drittel der Direktmandate geht an Putin-Partei

Alle außerparlamentarischen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Kommunisten kommen auf nur knapp drei Prozent der Stimmen, die liberalen Oppositionsparteien Jabloko und „Partei der Volksfreiheit“ auf jeweils etwa ein Prozent.

Ein Drittel der Direktmandate geht an die Putin-Partei ER. Damit behält sie trotz deutlicher Verluste die absolute Mehrheit. „Man kann eindeutig sagen, dass die Partei sehr gut abgeschnitten hat“, sagte Präsident Wladimir Putin laut der russischen Agentur Interfax.

Wahlbeteiligung bei knapp 40 Prozent

Die Wahlbeteiligung lag um 18 Uhr nur bei knapp 40 Prozent. In Tschetschenien, das für über 90-prozentige Wahlsiege der Putin-Partei bekannt ist, hatten zur gleichen Zeit schon 72 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt.