Bautzen. In Bautzen kommt es seit Tagen zu Schlägereien und Jagdszenen. Wer die Ausschreitungen provoziert hat, steht für die Polizei nun fest.

Im sächsischen Bautzen haben sich gut 100 Menschen eine Straßenschlacht auf dem Kornmarkt geliefert. Auf dem „Platte“ genannten Platz waren 20 unbegleitete Asylbewerber auf eine Gruppe von 80 gewaltbereiten Deutschen getroffen. Wie es die Polizei darstellt, scheint die Stadt mittlerweile unter einer regelrechten Eventisierung der Gewalt zu leiden. Wir klären die dringendsten Fragen.

Von wem ging die Gewalt aus?

Offensichtlich ging die Gewalt zunächst von gewaltbereiten Asylbewerbern aus. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag schilderte Polizeidirektor Uwe Kilz, wie sich die Schlägerei mit anschließenden Jagdszenen am Mittwochabend entwickelt hatte.

Auf der „Platte“ waren demnach die beiden Gruppen aufeinander getroffen und hatten sich einen verbalen Schlagabtausch geliefert. Aus der Gruppe der Asylbewerber seien dann Flaschen und Steine geworfen worden. Die Gruppe der gewaltbereiten Deutschen habe dann mit eigenen Angriffen geantwortet und die Asylbewerber durch die Stadt gejagt. Es seien rechtsgerichtete Parolen gerufen worden.

Gab es schon vorher Ausschreitungen in Bautzen?

Was wie ein spontaner Konflikt unter alkoholisierten Jugendlichen klingt, scheint ein weit größeres Ausmaß zu haben. Wie die Polizei mitteilte, geht der Konflikt auf eine Auseinandersetzung am 9. September zurück. Während zweier Demonstrationen sei es in der vergangenen Woche bereits zu Gewalttätigkeiten auf dem Kornmarkt gekommen.

Flüchtlinge und Rechte prügeln sich in Bautzen

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    Dabei waren die beiden Demonstrationen eigentlich relativ unspektakulär gestartet. Eine der beiden war sogar als Protest gegen eine Aufzeichnung der Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar“ in der Stadt geplant gewesen. Erst kurzfristig hatten die Anmelder der Demo ein deutschnationales Gewand gegeben.

    Damit wurde die Veranstaltung zum Gegenpart einer Versammlung gegen Fremdenfeindlichkeit unter dem Titel „Bautzen bleibt bunt“. Aus dieser Demonstration heraus hatten Asylbewerber einen Redner der Gegenseite mit einem Laserpointer geblendet. Strafrechtlich wird das als Versuch der schweren Körperverletzung gewertet. Im Anschluss gab es Flaschen- und Steinwürfe und andere Angriffe von beiden Seiten.

    Am 10. September gab es eine Demonstration, die Bezug auf den Vortag nahm.
    Am 10. September gab es eine Demonstration, die Bezug auf den Vortag nahm. © dpa | Xcitepress

    Hatten sich beide Gruppen zu den Schlägerein verabredet?

    Der Eindruck des ersten Tages nach den Ausschreitungen legt nahe, dass die Gewalt nicht ganz zufällig geschah. Polizeidirektor Kilz sagte beispielsweise, dass unter den gewaltbereiten Deutschen auch Personen waren, die den Eindruck vermittelt hätten, sich auf ein Event vorbereitet zu haben. Gut möglich also, dass sie extra angereist waren.

    Bei den unbegleiteten Asylbewerbern war zudem dieselbe Gruppe aktiv, die schon zuvor aufgefallen war. Ob es nach dem ersten Vorfall eine Verabredung unter den Gruppen gab, steht jedoch nicht fest.

    Hat die Polizei die Lage im Griff?

    Die Polizei konnte die jeweiligen Ausschreitungen relativ schnell beenden. Am Mittwoch wurden die Asylbewerber in ihre Unterkunft gebracht. Die Polizei konnte auch Versuche der gewaltbereiten Deutschen verhindern, dieses Haus zu stürmen. Doch ein Satz aus der Pressekonferenz am Donnerstag lässt aufhorchen. „Das geht auch an Grenzen der Belastbarkeit.“, sagte Uwe Kilz zu den Einsätzen seiner Polizeikollegen.

    Die Polizei in Bautzen profitierte am Mittwochabend davon, dass nach den vorangegangenen Demos und Ausschreitungen noch weitere Einheiten aus dem Umfeld anwesend waren und schnell eingreifen konnten.

    Klaus-Jörg Mehlberg, Leitender Kriminaldirektor der Polizeidirektion Görlitz versuchte zu beschwichtigen. „Wir fühlen uns nicht allein gelassen“, sagte er. Doch ob das auch für die Rettungskräfte gilt, bleibt unklar.

    Mittwochabend wurde ein Rettungswagen, der zu dem Flüchtlingsheim gerufen wurde, derart angegriffen, dass die Sanitäter nicht zu verletzten Personen durchkamen. Erst unter Polizeischutz kamen die Helfer an ihr Ziel und konnten einen verletzten Asylbewerber in ein Krankenhaus bringen. Aus welcher Gruppe die Sanitäter angegriffen wurden, steht noch nicht fest.

    Was geschieht nun mit den Asylbewerbern?

    Der Kreis Bautzen verzichtet entgegen erster Meldungen darauf, die Gewalttäter zu verlegen. So würde das eigentliche Problem nur örtlich verlagert, nicht aber behoben, sagte Udo Witschas, Stellvertreter des Landrates. Für die Asylbewerber gilt nun aber eine Ausgangssperre ab 19 Uhr abends. Zudem würde die Gruppe daran erinnert, dass für sie ein striktes Alkoholverbot gelte.