Karlsruhe. Alle drei festgenommenen Terrorverdächtigen sind auf ihrer Route nach Europa erfasst worden. Das gab das Innenministerium bekannt.

Die drei am Dienstag festgenommenen Terrorverdächtigen sind laut Innenministerium auf ihrem Weg von Syrien nach Europa mehrfach registriert und erfasst worden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Mittwoch in Berlin, alle drei seien am 13. November 2015 auf Lesbos registriert und in der europäischen Datenbank „Eurodac“ erfasst worden.

„Sie wurden alle drei von den deutschen Behörden von mobilen Teams des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge am 7. 12. erkennungsdienstlich behandelt.“ Abgesehen vom Eurodac-Eintrag hätten die Männer keine „sicherheitsbehördlichen Datenbank-Einträge“ gehabt.

Ministerium reagiert auf Vorwürfe von Bayerns Innenminister

Die deutschen Behörden hätten dann „relativ zeitnah“ – in zwei Fällen zehn, in einem Fall 20 Tage nach der erkennungsdienstlichen Behandlung – festgestellt, dass die Männer mit mutmaßlich gefälschten Pässen gereist seien. Man habe also durchaus eine Menge über die drei gewusst. Laut Ministerium wurden sie wegen der Auffälligkeiten auch über Monate observiert und ihre Kommunikation überwacht.

Das Innenressort reagierte damit auf Vorwürfe von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der mit Blick auf die Festnahmen die deutsche Flüchtlingspolitik gerügt und von „eklatanten Kontrolllücken“ gesprochen hatte, die sich nun rächten.

Alle drei Terrorverdächtigen in U-Haft

Die drei wegen Terrorverdachts festgenommenen Syrer sitzen in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die U-Haft der Verdächtigen im Alter von 17, 18 und 26 Jahren nach der Anhörung in Karlsruhe angeordnet, teilte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mit. Alle drei Männer äußerten sich nicht zu den Vorwürfen.

Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Männern vor, im Auftrag der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nach Deutschland gekommen zu sein, „um entweder einen bereits erhaltenen Auftrag auszuführen oder sich für weitere Instruktionen bereitzuhalten“. Konkrete Pläne gab es wohl nicht. Die Drei haben nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) einen Bezug zu den Attentaten in Paris im November 2015.

Vierstelliger Geldbetrag im Gepäck

Die Männer waren am Dienstagmorgen in Flüchtlingsunterkünften in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Laut de Maizière spricht alles dafür, dass sie von derselben Schlepperorganisation nach Deutschland gebracht wurden wie die Attentäter von Paris. Bei den Beschuldigten Mahir Al-H. (17), Ibrahim M. (18) und Mohamed A. (26) könne es sich um eine „Schläferzelle“ handeln. Sie sollen zum Teil als „Vorzeige-Flüchtlinge“ gegolten haben.

Der 17-Jährige soll sich vor einem Jahr im syrischen Rakka dem IS angeschlossen haben und dort im Umgang mit Waffen und Sprengstoff ausgebildet worden sein. Mit den beiden anderen Beschuldigten reiste er über die Türkei und Griechenland nach Deutschland ein – im Gepäck waren nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft ein höherer vierstelliger Bargeldbetrag des IS und Mobiltelefone mit vorinstalliertem Kommunikationsprogramm.

Neue Strategien beunruhigen Verfassungsschutz

Im Bundesamt für Verfassungsschutz sorgen neue Strategien der Extremisten für Beunruhigung. Komplexe Anschlagsvorhaben würden durch gut ausgerüstete und in mehreren mobilen Zellen agierende Attentäter ausgeführt, erklärte das Amt. „Verschiedene Tätergruppen wie Schläferzellen, Rückkehrer und als Flüchtlinge eingeschleuste Dschihadisten agieren zusammen.“ In Europa träten verstärkt auch Einzeltäter auf, die Anschläge mit einfachen Tatmitteln begingen.

„Sorge bereitet uns ein neuer Tätertypus, bei dem es sich nur scheinbar um Einzeltäter handelt“, sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. „Diese Attentäter werden virtuell aus dem Ausland über Instant Messaging ferngesteuert. Ein derartiges Szenario ist eine besondere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden – ebenso wie die Aufdeckung von Schläferzellen.“

Netzwerke als Pool für potenzielle Attentäter

Dem Verfassungsschutz zufolge existieren in sozialen Medien Netzwerke, in denen gezielt nach Ausreisewilligen und potenziellen Attentätern gesucht werde. Dort würden Interessenten individuell beraten und bekämen dezidierte Anleitungen und Kontakte vermittelt. (dpa)