Bonn. Moderator Michel Friedman stellte dem türkischen Jugendminister Fragen zum Putschversuch. Doch dann wurden die Aufnahmen beschlagnahmt.

Die türkischen Behörden haben nach Angaben der Deutschen Welle Videoaufnahmen eines Interviews des Moderators Michel Friedman konfisziert. Das Material sei unmittelbar nach der Aufzeichnung eines Fernsehinterviews mit dem türkischen Jugend- und Sportminister Akif Kilic am Montagabend in Ankara beschlagnahmt worden, wie der Auslandssender am Dienstag in Bonn mitteilte.

Moderator Friedman stellte darin laut Deutscher Welle Fragen zum Putschversuch im Juli, zu den folgenden Massenentlassungen und Verhaftungen, zur Lage der Presse sowie zur Stellung der Frau. Die Themen des Gesprächs seien dem Ministerium vorab mitgeteilt worden.

Intendant: „Eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit“

Unmittelbar im Anschluss an das Interview verabschiedete sich der Minister von Friedman, wie es hieß. Nachdem Kilic den Raum im Ministerium verlassen habe, habe sein Pressesprecher überraschend mitgeteilt, dass die Deutsche Welle das Interview nicht senden dürfe. Als Friedman und seine Redaktionskollegin protestierten, konfiszierten Ministeriumsmitarbeiter das Videomaterial, wie der Sender erklärte. Dabei sei den Deutsche-Welle-Mitarbeitern klar bedeutet worden, dass sie das Ministerium nicht im Besitz des Videomaterials verlassen dürften.

Intendant Peter Limbourg verurteilte den Vorfall. „Das stellt einen neuen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Türkei dar“, sagte er. „Was wir erleben, erfüllt den Tatbestand der Nötigung durch die türkische Führung.“ Es dürfe nicht sein, dass ein Minister bereitwillig ein Interview gebe und dann auf derartige Weise dessen Ausstrahlung verhindere, weil ihm die Fragen nicht gepasst hätten. Limbourg forderte die türkische Seite zur unverzüglichen Herausgabe der Aufnahmen auf. Zudem prüfe die Deutsche Welle rechtliche Schritte.

Türkische Behörden ließen Frist verstreichen

Die Deutsche Welle habe nach dem Vorfall unverzüglich beim türkischen Ministerium für Jugend und Sport sowie beim türkischen Generaldirektorat für Presse und Information protestiert und die Herausgabe des Materials verlangt. Eine für Dienstagmittag gesetzte Frist ließen die türkischen Behörden den Angaben zufolge verstreichen. In mehreren Telefonaten habe das Ministerium erklärt, dass man der Ausstrahlung des Interviews nicht zustimme.

Friedman präsentiert den Polit-Talk „Conflict Zone“ im englischsprachigen Programm der Deutschen Welle im Wechsel mit dem britischen Fernsehjournalisten Tim Sebastian. (epd)