Ankara. Die Türkei hat Berlin aufgefordert, sich von der Armenien-Resolution zu distanzieren. Erst dann seien Incirlik-Besuche wieder erlaubt.

Im Streit über Besuche von Abgeordneten bei deutschen Soldaten auf dem Stützpunkt Incirlik fordert die Türkei von der Bundesregierung, dass sie sich offiziell von der Armenien-Resolution des Bundestages distanziert. „Wenn sie die notwendigen Schritte einleiten, werden wir den Besuch erlauben“, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag in Ankara.

Wer sich allerdings in die türkische Geschichte einmische und sie verfälsche, werde keine Erlaubnis bekommen. Vertreter des Außenministeriums sagten, die deutsche Regierung müsse klarstellen, dass sie die Bundestagsresolution nicht unterstütze. Darin wurden die Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren im Osmanischen Reich als Völkermord gewertet. Dies war in der Türkei auf scharfen Protest gestoßen.

SPD-Politiker drohen mit Veto gegen Türkei-Einsatz

Auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik in der Südtürkei sind deutsche Aufklärungsmaschinen und ein Tankflugzeug stationiert. Sie unterstützen die von den USA angeführte Koalition im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien. Seit der Verabschiedung der Armenien-Resolution im Bundestag im Juni hat die Türkei Abgeordneten den Besuch des Stützpunkts untersagt.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, sagte nach seiner Rückkehr aus Ankara im SWR, es gebe in dem Streit viel Bewegung. SPD-Abgeordnete haben gedroht, eine Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in der Türkei abzulehnen, wenn Parlamentarier nicht die Soldaten dort besuchen können.

Merkel weist Kritik von Gabriel zurück

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat derweil den Eindruck zurückgewiesen, Deutschland hätte nach dem Putschversuch zu wenig emotionale Nähe zur Türkei gezeigt. „Es hat an Verständnis in keiner Weise gefehlt“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Einen entsprechenden Vorwurf hatte am Wochenende SPD-Chef Sigmar Gabriel geäußert.

„Die Reaktion der Bundesregierung, auch der Bundeskanzlerin, auf den Putsch in der Türkei war prompt, sie war sehr klar“, erklärte Seibert. Auch in späteren Telefongesprächen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan habe Merkel deutlich gemacht, dass sie den tiefen und auch traumatischen Einschnitt durch den blutigen Umsturzversuch von Militärs sehr wohl anerkenne.

Gabriel: „Hätten schneller hinfahren müssen“

Gabriel hatte am Sonntag in Berlin gesagt: „Wahrscheinlich hätten wir schneller hinfahren müssen – am selben Tag oder am Tag danach. Wahrscheinlich hätten wir viel stärker unsere emotionale Beteiligung zeigen müssen.“ Nicht nur die unmittelbar vom Putschversuch bedrohte türkische Staatsführung um Erdogan, sondern auch seine Gegner in der Opposition oder türkischstämmige Menschen in Deutschland „fühlen sich zurückgewiesen von uns“, sagte der Vizekanzler.

Erdogan selbst hatte mit Blick auf die EU geklagt, er vermisse Anteilnahme und Solidarität nach dem Putschversuch. Gut drei Wochen danach hatte Deutschland einen Staatssekretär und damit erstmals einen Vertreter der Bundesregierung nach Ankara geschickt. (rtr/dpa)