Hannover. Die Piratenpartei verliert seit einiger Zeit Unterstützung. Mit dem neuen Parteichef Patrick Schiffer will sie das Comeback schaffen.

Nur skurril oder auch politikfähig? Deutschlands Piratenpartei hat schon bessere Zeiten erlebt – diese Behauptung des Netzaktivisten und Gastredners „Padeluun“ blieb am Wochenende beim Bundesparteitag in Wolfenbüttel unwidersprochen. Die 300 versammelten Piraten mahnte er, sich auch mal zurückzunehmen, nicht immer nur Rechthaberei zu kultivieren und auch dem Prinzip der Transparenz in allen Lebenslagen abschwören. „Schneidet diesen Zopf ab“, mahnte er. Es gebe Dinge, die eben auch mal ihre Schutzräume bräuchten.

Auf der Suche nach der Zukunft ihrer Partei versuchten die Piraten in Wolfenbüttel eine Kursbestimmung. Die Identitätskrise dominierte die Debatten: Kann es ein Comeback für die krisengeplagte Partei des digitalen Wandels geben? An Selbstkritik mangelte es nicht, Selbstzerfleischung blieb aber ebenso wie Resignation aus. Vor dem Hintergrund reihenweise verlorener Wahlen, sinkender Mitgliederzahlen und knapper Kassen klangen die Durchhalteparolen der Politfreibeuter fast schon verzweifelt.

Der Glaube an das Piraten-Comeback

„Wir haben es trotz aller Energie, die wir in diese Partei gesteckt haben, nicht geschafft, die Menschen von unseren Werten und Ideen zu überzeugen“, gab der neue Bundesvorsitzende Patrick Schiffer zu. Nötig sei mehr öffentliche Wahrnehmung und auch Aufbruchstimmung, meinte der Cousin von Top-Model Claudia Schiffer.

Im Rückgriff auf ein Zitat von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) meinte der in Eupen geborene Lehrer-Sohn vor seiner Wahl mit 59,2 Prozent der Stimmen: „Wir schaffen das.“ Auf Twitter bedankte sich Schiffer für die Glückwünsche zu seiner Wahl.

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Ein Comeback sei möglich, sagte Schiffer auf dem Bundesparteitag. Schiffer, der wegen eines Auslandseinsatzes seines Vaters fünf Jahre in Alexandria lebte, übernimmt die Führung einer Partei in turbulentem Fahrwasser.

Gerade mal 34.000 Euro Gewinn verbuchte der Schatzmeister für 2015 – da ist Engagement der verbleibenden Mitglieder gefordert. „Lasst die Partei mal machen, aber ohne mich: so wird das nicht gehen“, schrieb Schiffers Vorgänger Stefan Körner den Mitgliedern ins Stammbuch, als er den chronischen Geldmangel der Partei ansprach.

Medienarbeit als Schlüssel zum Erfolg

„Wir haben null Kohle, um irgendetwas zu tun – das funktioniert so nicht“, mahnte er. Stellen blieben unbesetzt, auch die Medienarbeit leide darunter – obwohl Körner und Schiffer sie als Schlüssel zum Erfolg ansehen. Spendenkampagnen seien eine Möglichkeit, Geld in die klammen Kassen zu spülen. Frühere Parteitage hätten 100.000 Euro gekostet. Körner: „Wir liegen jetzt bei Budgets von 15.000 Euro und jammern über jeden Euro, der darüber liegt.“ In einem dramatisch klingenden Appell stellte der bisherige Vorsitzende die Sinnfrage. Wozu es die Piraten noch braucht? Weil sie nach wie vor ihren Platz als liberale, soziale und digitale Partei der Bürgerrechte habe, lautete die Antwort.

Auch wenn der Weg anstrengend sei: Wahlerfolge seien wieder drin, um aktiv Politik mitzugestalten. Als Hoffnungszeichen wurde auch eine zunächst liebevoll als „Schnullerpiraten“ bezeichnete neue Nachwuchs-Organisation gewertet, die sich Junge Piraten nennt. Sie sollen eine Vorgänger-Organisation ersetzen, die sich von den Piraten losgesagt hatte. Die Partei springe nicht gerade durch die Wiese, sei aber definitiv nicht tot, meinte ein Mitglied zur Stimmungslage der Partei mit bundesweit 400 Mandatsträger und 12.000 Mitgliedern.

Unfähigkeit muss erkannt werden

„Wir müssen uns auch für die absehbaren Wahlschlappen vorbereiten“, mahnte der in der Abstimmung unterlegene Vorstandskandidat Matthias Hagenbäumert. Unfähigkeit müsse erkannt, eingestanden und aufgearbeitet werden, forderte er. Auch der neue Vorsitzende, der sich nach jahrelangem Engagement im Arabischen Frühling heute noch ehrenamtlich als Flüchtlingshelfer betätigt, sieht das so. Bei der Mitglieder-Werbung hat er im eigenen Umfeld noch Nachholbedarf. Seine Cousine Claudia, die er ein bis zweimal jährlich sieht, konnte er noch nicht zur Piraten-Mitgliedschaft überreden. (dpa)