Berlin. Für Bayerns Innenminister Herrmann stellt sich die Frage, ob die Türkei noch zum Grundverständnis rechtsstaatlicher Demokratien steht.

Nach der kritischen Bewertung der Bundesregierung zur Verbindung der türkischen Regierung mit Islamisten hat sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) besorgt über die Rolle der Türkei in der Nato gezeigt.

Die Bundesregierung hält die Türkei für eine Operationsbasis für terroristische Gruppen. Wie ist Ihre Einschätzung, Herr Herrmann?

Joachim Herrmann: Wir müssen gemeinsam im Kreis aller deutschen Sicherheitsbehörden die Lage sorgfältig analysieren. Natürlich gibt es – das ist nicht völlig neu – von Seiten der türkischen Regierung seit Jahren intensive Kontakte zu einer Reihe von islamistischen Organisationen. Die Einschätzung, wie stark sich Erdogan und die türkische Regierung damit identifizieren, war über die letzten Jahre hinweg unterschiedlich.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Türkei verstärken sich die Besorgnisse, wie distanziert die türkische Regierung zu islamistischen Organisationen wie der Muslim-Bruderschaft noch ist; und wie stark wir davon ausgehen müssen, dass es einen intensiven Kontakt oder gar eine Unterstützung gibt.

Was erwarten Sie von der türkischen Regierung?

Herrmann: Wir haben einen gemeinsamen Grundwertekonsens zwischen allen NATO-Partnern. Es stellt sich nach der Niederschlagung des Militärputsches schon stark die Frage: Steht die türkische Regierung klar zum Grundverständnis von rechtsstaatlichen Demokratien oder verfolgt Erdogan eine völlig andere Zielsetzung?

Machen Sie sich Sorgen wegen des Flüchtlingsabkommens?

Herrmann: Das sollte man nicht miteinander verquicken. Klar ist, dass wir uns nicht erpressen lassen. Aber die deutsche Interessenlage ist nicht allein auf die Flüchtlingsfrage reduziert ausgerichtet, da geht es eben um Grundfragen der Außen- und Verteidigungspolitik und der NATO-Partnerschaft.