Frankfurt/München. Der mutmaßliche Verkäufer der Tatwaffe ist mit einer Finte der Polizei getäuscht worden. Er soll einem Haftrichter vorgeführt werden.

Der Amokläufer von München hat für seine Waffen und die Munition 4350 Euro bezahlt. Soviel Geld habe er dem in Marburg gefassten mutmaßlichen Verkäufer der Waffe gegeben, bestätigte der Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, Alexander Badle, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Der mutmaßliche Waffenverkäufer sei am Dienstagabend durch ein zuvor vereinbartes Scheingeschäft zum Preis von 8000 Euro mit der Polizei festgenommen worden. „Dieser Ermittlungserfolg ist das Ergebnis einer akribischen Arbeit im Darknet“, sagte Badle.

Ermittlungen gegen einen 17 Jahre alten Schüler aus Nordhessen und einen 62 Jahre alten Buchhalter aus Nordrhein-Westfalen hatten die Strafverfolger auf die Spur des mutmaßlichen Waffenhändlers gebracht. Beide sollen sich zuvor zur Abwicklung von Waffengeschäften mit dem 31-jährigen in Marburg getroffen haben. Die Polizei nutzte die Identität des Buchhalters, um Kontakt mit dem Verkäufer aufzunehmen. „Im Zuge dieser Kommunikation hat der Verkäufer zugegeben, dass er die Tatwaffe an den Amokläufer von München veräußert hat“, sagte Badle.

Amokläufer von München kaufte 350 Schuss Munition

Den Ermittlungen zufolge sei der Amokläufer von München am 20. Mai mit dem Reisebus nach Marburg gefahren und habe die Tatwaffe des Modells Glock 17 gekauft. Wenige Tage vor dem Amoklauf am 22. Juli sei der 18-Jährige erneut nach Marburg gefahren, um 350 Schuss Munition zu kaufen. Mit der Waffe hatte David S. neun Menschen erschossen und sich selbst getötet. 36 Menschen wurden bei dem Amoklauf verletzt. „Es hätte mehr Opfer geben können“, sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts am Mittwoch. „Aber offensichtlich wollte er niemanden mehr töten.“

Diese Kiste mit Waffen hatte der 31-jährige Waffendealer in einem Waldstück bei Köln vergraben.
Diese Kiste mit Waffen hatte der 31-jährige Waffendealer in einem Waldstück bei Köln vergraben. © dpa | Arne Dedert

Die am Dienstagabend in Marburg erfolgte Festnahme des mutmaßlichen Waffenverkäufers sei von einer Spezialeinheit des Zolls ohne Zwischenfälle durchgeführt worden, hieß es auf der Pressekonferenz. Der arbeitslose Verkäufer hatte die bestellten Waffen im Wert von 8000 Euro in einem Wagen verstaut und soll laut Badle in einem Schulterholster eine geladene Waffe offenbar zum Eigenschutz mitgeführt haben, für die er keine Erlaubnis hatte. Nach der Festnahme habe der Verkäufer die Ermittler auf eine Kiste hingewiesen, die in einem Waldstück in der Nähe der Autobahn 3 bei Köln-Merheim unter der Erde versteckt worden sei. Darin seien eine Maschinenpistole, vier halbautomatische Pistolen und Munition gefunden worden.

Lebensgefährtin des Händlers freigelassen

Badle äußerte sich auch zu einer angeblichen Komplizin, die ebenfalls am Dienstag in Marburg festgenommen wurde. Hierbei soll es sich um die Lebensgefährtin des mutmaßlichen Waffenhändlers handeln, die nach ersten Erkenntnissen nicht in die Waffengeschäfte ihres Partners eingebunden sei. Sie wurde freigelassen. Der 31-jährige Arbeitslose, der offenbar seinen Lebensunterhalt mit den illegalen Waffengeschäften unterhält, soll noch am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden.

Die Schusswaffen, die bei dem 17-jährigen aus Hessen sichergestellt wurden. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass der Schüler sie tatsächlich einsetzen wollte.
Die Schusswaffen, die bei dem 17-jährigen aus Hessen sichergestellt wurden. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass der Schüler sie tatsächlich einsetzen wollte. © dpa | Arne Dedert

Das Geschäft zwischen dem mutmaßlichen Waffenhändler und dem 17-Jährigen aus Nordhessen ist über Gitarrenkoffer abgewickelt worden. Dies sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Alexander Badle. Die Freundin des mutmaßlichen Waffenhändlers habe den Gitarrenkoffer mit den Waffen abgestellt – im Tausch gegen einen leeren Gitarrenkoffer. Es gebe keine Erkenntnisse, dass der Jugendliche die Waffen habe einsetzen wollen. Er habe in einem normalen sozialen Umfeld gelebt.

Illegaler Waffenhandel im Netz nimmt zu

Der illegale Handel mit scharfen Waffen verlagert sich nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zunehmend ins Internet. Die Täter glaubten, dort anonym tätig sein zu können, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Günter Wittig, am Mittwoch. „Der Erfolg am heutigen Tag zeigt jedoch, dass es nicht so ist.“

Das Zollfahndungsamt Frankfurt hat seit Ende 2014 insgesamt mehr als 30 Verfahren mit Bezug auf Waffen im Darknet geführt. Es seien 29 Beschuldigte identifiziert worden, sieben davon seien in Untersuchungshaft genommen worden. Das sagte der Leiter des Amtes Markus Tönsgerlemann am Mittwoch. Es seien bei den 33 Ermittlungsverfahren 19 Pistolen, 10 Revolver, 5 Gewehre und 2 Maschinenpistolen sichergestellt worden. Zudem fielen den Fahndern 3378 Schuss Munition in die Hände. (bekö/dpa)