Berlin. Nach der Elternzeit arbeiten viele zunächst in Teilzeit. Die Koalition will einen Umstieg auf Vollzeit erleichtern – doch das dauert.

Ihr Wunsch kostete Katrin Seifert viel Geduld und Nerven. Fünf Jahre kämpfte die Mutter zweier Kinder darum, wieder eine Vollzeitstelle zu erhalten. Nach der Elternzeit arbeitete Seifert, die ihren wahren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, mehrere Jahre nur 25 Stunden die Woche. Als ihre Kleinen größer wurden und sie inzwischen auch noch alleinerziehend war, wollte Seifert wieder auf Vollzeit aufstocken. Vergebens. Ihre Vorgesetzten lehnten ihre Bitte ab, zweimal konnte sie Vertretungen von Kollegen übernehmen, die in Elternzeit gingen. Erst ein neuer Chef brachte die Wende – und stockte ihre Stundenzahl auf, berichtet die IG Metall einen typischen Fall.

Wie Seifert geht es vielen Müttern, die nach der Babypause in den Job zurückkehren. Um ihre Kinder zu betreuen, reduzieren sie ihre Arbeitszeit. Ein Recht, das gesetzlich im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt ist. Doch wenn sich ihre Situation nach einigen Jahren ändert, stoßen sie oft auf Widerstand ihrer Arbeitgeber. Denn es gibt kein Gesetz für ein Rückkehrrecht auf Vollzeitstellen. Nur wer direkt nach der Elternzeit auf die alte vertragliche Arbeitszeit zurückkehrt, dem wird dies gesetzlich zugesichert.

Neuregelung in dieser Legislaturperiode unwahrscheinlich

Diese Gesetzeslücke wollten die Regierung laut Koalitionsvertrag eigentlich in dieser Legislaturperiode schließen. Doch die Chancen dafür stehen schlecht. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Gesetz zum Rückkehrrecht von Teilzeit- auf Vollzeitarbeit noch in dieser Legislaturperiode kommt“, sagt Katja Dörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen dieser Zeitung. „Es gibt bislang laut Arbeitsministerium lediglich Vorarbeiten für einen Gesetzentwurf und noch nicht mal einen Referentenentwurf“, kritisiert Dörner, die eine schnelle Umsetzung eines Rückkehrrechts fordert. „Alles, was bis Herbst 2016 nicht wenigstens als Referentenentwurf vorliegt, hat wenig Chancen, umgesetzt zu werden.“

Das Bundesarbeitsministerium hat das Thema in seinen Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ eingebunden, in dem auch „über mehr zeitliche Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beraten“ wird, heißt es aus dem Ministerium. Ergebnisse sollen Ende des Jahres in einem Weißbuch vorgestellt werden. Doch konkrete Schritte für ein Gesetz sind nicht erkennbar.

Jede achte Frau würde Arbeitszeit gerne aufstocken

Ein Anspruch auf befristete Teilzeit würde den Wünschen vieler Beschäftigter entsprechen. Von 31 Millionen in sozialversicherungspflichtigen Jobs arbeiten 8,25 Millionen in Teilzeit. Die Mehrheit (7,14 Millionen) sind Frauen. Nach einer repräsentativen Umfrage des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) würde gerne jede achte Frau, die 20 Stunden pro Woche arbeitet, ihre Arbeitszeit aufstocken, Männer in Vollzeit dagegen reduzieren.

Die Grünen sehen in einem Rückkehrrecht auf Vollzeit einen „relevanten Baustein“, um die Erziehung von Kindern auf den Schultern von Eltern gleichmäßiger zu verteilen. „Viele Frauen, die ihre Arbeitszeit nach der Elternzeit reduziert haben, kommen heute nicht mehr aus der Teilzeitbeschäftigungen heraus, obwohl sie sich das wünschen“, sagt Dörner. „Auch Väter würden gerne phasenweise ihre Arbeitszeit reduzieren. Derzeit müssen sie aber befürchten, nach dieser Zeit nicht mehr ihre Vollzeitstelle zu erhalten.“

Teilzeitanspruch würde Betriebe „erheblich belasten“

Die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Brenner, fordert einen gesetzlichen Anspruch. Dies sei „wichtig für Beschäftigte, die wegen Kindererziehung oder Pflege zeitweise aus dem Job aussteigen wollen“. Die Arbeitgeber stehen einer gesetzlichen Regelung dagegen kritisch gegenüber: „Ein genereller Anspruch, den gesetzlichen Teilzeitanspruch zu befristen, würde die Betriebe erheblich belasten“, sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber (BDA). „Gerade kleine und mittelständische Unternehmen wären hiervon betroffen.“ Sie bevorzugen individuelle Vereinbarungen.