Berlin. Das Gesetz hinkt der Wirklichkeit hinterher: Verkehrsminister Dobrindt will die Regeln für technische Geräte hinterm Steuer neu fassen.

In der Karriere des Fußballers Sercan Sararer finden sich nicht viele sportliche Höhepunkte. Eine Spitzenleistung aber gab es auf jeden Fall: Vor gut einem Jahr saß der 26-Jährige am Steuer seines Sportwagens und machte ein Foto vom Tacho; der zeigte 282 Stundenkilometer. Später veröffentlichte Sararer das Bild im Internet.

Wenn die Polizei ihn erwischt hätte, dann hätte der Sportler 60 Euro Bußgeld zahlen müssen und hätte einen Punkt in Flensburg bekommen. Nicht, weil er fotografierte, sondern weil er „ein Mobil- oder Autotelefon verbotswidrig benutzt“ hat. Ein normaler Fotoapparat wäre legal gewesen, auch bei fast 300 km/h.

Es gibt kaum einen Passus in der Straßenverkehrsordnung, der absurdere Gerichtsurteile hervorbringt als das Handyverbot in Paragraf 23. Dass Handyfotos während der Fahrt verboten sind, stellte das Oberlandesgericht Hamburg Ende des vergangenen Jahres fest. Wenige Monate später urteilten die Kollegen vom Oberlandesgericht Stuttgart, es sei erlaubt, das Handy während der Fahrt in der Hand zu halten – wenn die Freisprechanlage eingeschaltet ist.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will nun reagieren und die Vorschrift anders formulieren. Das Handyverbot beim Autofahren soll dabei ausgeweitet werden und soll nicht nur den Gebrauch des Mobiltelefons untersagen, sondern auch den anderer elektronischer Geräte: „Die Linie des Ministers ist klar: Tabletcomputer wie das iPad fallen genauso unter das Verbot wie Handys“, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Man arbeite derzeit an dem Thema. Die Abstimmung innerhalb des Hauses laufe.

Länderminister waren für allgemeineres Verbot

Dobrindt greift damit eine Forderung seiner Kollegen aus den Bundesländern auf. Diese hatten im April in einem gemeinsamen Beschluss verlangt, das Handyverbot in der Straßenverkehrsordnung „allgemeiner“ zu formulieren. Damit solle der Gesetzgeber „neue Entwicklungen bei der Kommunikationstechnik und im Nutzerverhalten erfassen, die in ähnlicher Weise die Verkehrssicherheit gefährden.“

Damit sind nicht nur Tablets und Notebooks, sondern womöglich auch Musikabspielgeräte oder Navigationsgeräte gemeint. Derzeit dürfen Autofahrer laut Straßenverkehrsordnung „ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.“

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Der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Christian Pegel (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern, sagte, das gegenwärtige Verbot greife zu kurz. „Auch andere Geräte wie Tablets sind mittlerweile so verbreitet, dass auch sie eine reelle Ablenkungsgefahr darstellen können.“ Gerade im Straßenverkehr könne die kleinste Unaufmerksamkeit viel Leid verursachen, so Pegel. Seine Kollegen und er hätten Dobrindt deshalb um die Gesetzesänderung gebeten.

Männer telefonieren beim Fahren öfter als Frauen

Im Jahr 2015 registrierte das Kraftfahrtbundesamt insgesamt 363.400 Verstöße gegen das Handyverbot, das war etwas weniger als in den Jahren zuvor. Erfasst werden aber nur die Bußgelder, nicht die Verwarnungen. Die Hälfte aller Handysünder war zwischen 25 und 44 Jahren alt. In dieser Altersgruppe griffen vor allem Frauen zum Telefon, insgesamt telefonierten aber mehr Männer als Frauen am Steuer. Wie viele Unfälle durchs Handy am Steuer entstehen, ist nicht bekannt.

Juristen begrüßen die Änderungen. „Die eigentliche Frage ist doch, ob und wie der Autofahrer während der Fahrt abgelenkt wird“, sagt Ulrike Dronkovic, Fachanwältin für Verkehrsrecht in Köln. „Diese Ablenkung hängt nicht mehr nur davon ab, ob ein Gerät Telefongespräche absenden oder empfangen kann.“ Ein Kaffeebecher in der Hand könne genauso ablenken und sei nicht verboten.

Vielleicht sinkt durch eine Neufassung des Verbots auch die Zahl verwirrender Gerichtsurteile. Einen angeblichen Verstoß gegen das Handyverbot vor Gericht zu verteidigen, so Dronkovic, das sei „ein bisschen wie Roulette“.