Berlin. Finanzminister Schäuble sagt der Geldwäsche mit einer Ermittlungsgruppe den Kampf an. Doch für Kritiker sind die Pläne „halbherzig“.

Es gibt Fälle, da passt irgendetwas nicht ganz zusammen. Zum Beispiel, wenn ein Hotel so gut wie keine Gäste hat, aber auf dem Papier immer ausgebucht ist. Oder wenn eine Pommesbude hohen Gewinn abwirft, das Frittenfett aber meistens kalt bleibt. Und auch dieser Fall wäre offensichtlich unnormal: Ein ganzes Haus wird bar bezahlt, das soll in deutschen Städten tatsächlich schon vorgekommen sein.

In allen diesen Situationen liegt der Verdacht auf Geldwäsche nahe. Das heißt, Inhaber oder Käufer könnten illegal erworbenes Geld in sauberes verwandeln wollen – indem sie es mehr oder weniger direkt in den normalen Wirtschaftskreislauf einspeisen. Verluste werden in Kauf genommen. Hauptsache, nachher ist alles legal.

Schätzungen zufolge werden hierzulande bis zu 100 Milliarden Euro jährlich gewaschen. Deutschland gilt sogar als bevorzugter Ort dafür, gerade weil hier sonst alles so schön korrekt und rechtlich einwandfrei zugeht. Geldwäsche tauchte lange Jahre ausschließlich im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität auf. „Inzwischen aber nutzt der Terror die organisierte Kriminalität, um sich zu finanzieren“, sagt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll in der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der islamistische Terror beispielsweise schöpfe Gewinne aus dem Zigarettenschmuggel ab.

Schäuble wird eine Art Chef bei Geldwäschebekämpfung

Buckenhofer und seine Kollegen bekommen demnächst mehr zu tun, denn ihr oberster Dienstherr, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), wird eine Art Chef bei der Geldwäschebekämpfung: Eine spezielle Ermittlungsgruppe, die bisher beim Bundeskriminalamt angesiedelt war, wechselt zum Zoll und damit in Schäubles Zuständigkeit. Aus derzeit 25 Beamten sollen bis zum Sommer nächsten Jahres 50 werden; später soll die Gruppe sogar bis auf 160 Köpfe anwachsen. Eine solche spezielle „Financial Intelligence Unit“ (FIU) gibt es weltweit in einer Reihe von Ländern, sie soll illegale Finanzströme aufdecken und damit indirekt auch den Terror bekämpfen.

Bisher läuft die Geldwäschebekämpfung in Deutschland mäßig erfolgreich. Der letzte verfügbare Bericht der BKA-Truppe, der das Jahr 2014 abdeckt, zeigt die Schwachstellen auf. So gibt es zwar eine steigende Zahl von Verdachtsmeldungen, aber der größte Teil davon verläuft im Sande, weil kaum jemand sie weiterverfolgt. Die meisten Verfahren müssen deshalb eingestellt werden. Und weil die Zusammenarbeit zwischen den Behörden nicht reibungslos funktioniert, bekommen die Geldwäschebekämpfer oft keine Rückmeldung, ob es bei den Fällen, die vor Gericht landen, auch eine Verurteilung gibt.

Die meisten, ja sogar fast alle Verdachtsmeldungen über Geldwäsche kommen von Banken. Dabei müssten sie eigentlich aus dem Rest der Wirtschaft, aus dem „Nichtfinanzsektor“ kommen, denn dort findet sich „die zahlenmäßig größte Gruppe der Verpflichteten“, wie es im Bericht der Geldwäschefahnder heißt. Verpflichtet zur Meldung ist zum Beispiel ein Händler, der ein Geschäft über mehr als 15.000 Euro in bar abwickelt. Doch die geringe Zahl der Meldungen von Autohändlern, Juwelieren oder Immobilienmaklern, so steht es schwarz auf weiß in dem amtlichen Bericht, mache „eher wenig Hoffnung auf eine künftig angemessene Aufgabenwahrnehmung bezüglich ihrer Pflichten im Rahmen des Geldwäschegesetzes“. Eine Ohrfeige für Unternehmen und Bürger, aber auch für die Politik, die bisher kaum Konsequenzen aus diesem Zustand gezogen hat.

Auf die Zusammenarbeit mit den Ländern kommt es an

Ob die neue Organisation der Geldwäschebekämpfung an diesem Zustand etwas ändern wird, ist fraglich. Bisher sehen Schäubles Pläne vor, dass die Zollbeamten die Verdachtsmeldungen ausführlicher prüfen und nicht sofort weiterleiten. Experte Buckenhofer von der Polizeigewerkschaft lobt dieses Vorhaben, der Zoll verstehe sich ohnehin zunehmend als „Finanzpolizei“. Er sagt aber auch, der Erfolg der neuen Ermittlergruppe hänge vor allem davon ab, wie eng die Finanzverwaltung des Bundes und die Polizeibehörden der Länder zusammenarbeiten könnten.

Seine Kollegen müssten die Möglichkeit bekommen, auf Daten der Landesbehörden zuzugreifen. Sonst müssten sie in jedem einzelnen Fall dort nachfragen. „Wir brauchen ein Gesetz, in dem geregelt ist, dass die Ermittlungsgruppe online auf die Systeme in den Ländern zugreifen kann.“ Auch die Personalauswahl müsse so sein, dass eine gute Mischung aus kriminalistischen Spürnasen und juristischem und betriebswirtschaftlichem Sachverstand zusammenkomme. „Und der Minister muss Geld in die Hand nehmen, um eine vernünftige technische Ausstattung zu gewährleisten.“

Die Kritik des finanzpolitischen Sprechers der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, geht in eine ähnliche Richtung. Schäubles Pläne seien „halbherzig“, sagt er, denn die neue Gruppe solle „keine eigenen Ermittlungskompetenzen erhalten, sondern sich in einer sammelnden und koordinierenden Funktion mit nur 50 Mitarbeitern erschöpfen“. Schick bemängelte auch, dass die Geldwäschebekämpfung von den Bundesländern bisher nicht ausreichend betrieben werde. „Bislang gab es weder eine durchgreifende Verbesserung der Geldwäschebekämpfung auf Länderebene noch eine Verlagerung auf den Bund.“ Lob kam von der SPD: Deren innenpolitischer Sprecher Burkhard Lischka sagte, er sei froh, dass Schäuble endlich erkannt habe, dass eine gute Ausstattung der zuständigen Behörden wichtig sei.