„Steuerrevolution“: Donald Trump macht teure Versprechen
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Von Dirk Hautkapp
Washington/Detroit. Donald Trump hat sein Wirtschaftsprogramm vorgestellt – er verspricht eine Revolution. Kritiker halten seine Ideen für gefährlich.
Als das Dutzend voll ist, sieht man Donald Trump im Cobo-Center von Detroit an, wie sehr er sich zusammenreißen muss. Krawatten- und Gesichtsfarbe, fast identisch. Im Fünf-Minuten-Abstand muss der nach schweren selbst verschuldeten Pannen in den Umfragen abgestürzte republikanische Präsidentschaftskandidat seine Rede zur wirtschaftlichen Gesundung Amerikas unterbrechen. Es sind Frauen, die sich strategisch im Publikum positioniert haben und dem New Yorker Milliardär mit Zwischenrufen in die Parade fahren. Der 70-Jährige versagt sich den sonst üblichen Appell, sie achtkantig herauswerfen zu lassen. Er ist Gast beim örtlichen Wirtschaftsclub. Millionen warten nur darauf, dass er wie zuletzt bei den Eltern eines gefallenen Irak-Krieg-Soldaten vor laufender Kamera aus der Rolle fällt.
Aber Trump hat sich diesmal im Griff. Zu viel steht auf dem Spiel. Darum der Teleprompter. Von ihm liest der Bau-Unternehmer 40 Minuten der amtierenden Regierung („Desaster!“) und seiner Konkurrentin Hillary Clinton die bekannten Leviten („Sie ist gekauft!“). Sein Tenor: Detroit, die einst stolze Motor-City der Vereinigten Staaten, sei nur deshalb zum Armenhaus geworden, weil Demokraten sich hier mit ihren irrigen Konzepten austoben konnten.
Trump verspricht „unglaublichen Reichtum“
Trump geht die Statistiken von Arbeitslosenquote bis Real-Einkommen durch, die Fakten-Checker noch während der Rede unter Lügenverdacht stellen, wirft im Sekundentakt mit Milliardenbeträgen um sich, die man entweder hätte einsparen oder mehr einnehmen können, verspricht im Falle seiner Wahl „unglaublichen Reichtum“ und bilanziert mit brachialer Vereinfachung: „Detroit ist das lebende Beispiel für die gescheiterte Wirtschaftspolitik meiner Konkurrentin.“ Die „Kandidatin der Vergangenheit“, die Amerika ein „stilles Heer der Arbeitslosen“ eingebrockt habe – Trump will sie vergessen machen. Nur womit?
Das bleibt auch diesmal bis auf ganz wenige konkrete Versatzstücke nebulös. Immer wieder verweist Trump seine Zuhörer auf seine Internetseite, dort stünden die Details. Der Rest komme nach und nach. Bis dahin nur so viel: Sein aus 13 weißen, durchweg männlichen Milliardären und Investmentbankern zusammengesetztes Berater-Team hat Trumps Kern-Versprechen – „Die größte Steuer-Revolution seit Ronald Reagan!“ – noch einmal durch die Rechner laufen lassen. Statt der noch vor Wochen geltenden Einkommenssteuersätze von 0, 10, 20 und 25 Prozent sollen die Amerikaner je nach Brieftasche künftig 12, 25 und 33 Prozent an den Fiskus abführen. Für die Reichen keine schlechte Botschaft, die höchste Steuerklasse liegt heute bei 40 Prozent. Als Trump im Herbst 2015 erstmals seine Ideen vorstellte, rechnete die unabhängige Tax Foundation nach. Ergebnis: Trumps Steuerpläne würden ein Zehn-Billionen-Dollar-Loch in die Staatskasse reißen.
Donald Trump will ins Weiße Haus
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Trump will soziale Ader zeigen
Unsinn – sie würden sich laut Trump bis zum Quietschen füllen, wenn endlich gesetzliche Hemmschwellen wie Umweltauflagen im Energie-Sektor ersatzlos gestrichen würden. Schon an seinem ersten Tag im Amt werde er die Bürokratie auf Eis legen und ein Moratorium verhängen. Allein dadurch würden Beschäftigungseffekte entfesselt, die es ihm erlaubten, die Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent zu senken. So würden wieder „amerikanische Arbeiter“ „amerikanische Güter und Waren“ auf „amerikanischem Boden“ produzieren. Trump bekräftigt sein Nein zu Handelsabkommen wie Nafta (mit Mexiko und Kanada) oder dem noch im Verfahrensgang steckenden TPP mit Südostasien. Beide Instrumente, die Clinton unterstütze, seien Arbeitsplatzvernichter für Amerika.
Um seine soziale Ader zu zeigen (und die programmatische Mithilfe seiner Tochter Ivanka) kündigt der Milliardär an, dass Eltern Kita-Kosten künftig viel stärker als bisher von der Steuer absetzen könnten. Dass Millionen arme Familien keine Steuern zahlen und darum davon überhaupt nicht profitieren, geht im Szenen-Applaus ebenso unter wie die Tatsache, dass die Ratingagentur Moody’s Trumps Plan-Skizzen bereits inspiziert hat. Resultat: Die Staatsverschuldung würde explodieren, die Zahl der Arbeitslosen steigen, ebenso die Verbraucherpreise.
Ein Argument, dass am Donnerstag Hillary Clinton an gleicher Stelle in ihrer Gegen-Rede aufnehmen wird. Sie führt im Bundesstaat Michigan mit elf Prozentpunkten. Auch darum hat die Meldung über Evan McMullin für Furore gesorgt. Der ehemaliger Mitarbeiter des Geheimdienstes CIA, der im Kongress als Berater der Republikaner arbeitet, will am 8. November gegen Trump antreten, als unabhängiger Kandidat. McMullin, national vollkommen unbekannt, gilt als chancenlos. Er könnte, falls er die bürokratischen Hürden nimmt, Trump aber in einigen Bundesstaaten wertvolle Stimmen abjagen. Sein Motiv: „Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun.“
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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