Berlin. Wem gehören Bankkonten, auf die niemand Anspruch anmeldet? Aus den Bundesländern ist zu hören: den Banken selbst jedenfalls nicht.

Die Bundesländer interessieren sich für das Geld, das bei Banken und Sparkassen auf herrenlosen Konten liegt. „Es kann nicht sein, dass Banken Geld bunkern, das ihnen nicht zusteht“, sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) unserer Redaktion. „Das Geld steht den Sparern und ihren Erben zu – und wenn es keine Erben gibt, der Allgemeinheit.“

Schätzungsweise verwahren die Institute Vermögen im Wert von einigen Millionen Euro, auf das niemand mehr Ansprüche anmeldet – meistens, weil die Eigentümer verstorben sind. Wie viele Konten es gibt, auf die nichts eingezahlt und von denen nichts abgehoben wird, ist unklar.

Der Staat als Erbe

Der NRW-Finanzminister hat eine Länderarbeitsgruppe zu dem Thema initiiert. Er würde gern ein zentrales Register für diese Konten einführen. Wenn Banken erfahren, dass Kunden verstorben sind, sollen sie ermitteln, ob es jemanden gibt, dem das verwaltete Guthaben zusteht. Walter-Borjans kündigte an, er werde „mit den anderen Ländern darauf pochen, dass die Sparer und ihre Erben zu ihrem Recht kommen“.

Ist niemand zu ermitteln, dem das Geld zusteht, erbt der Staat. Die Länder haben also ein Interesse, die „nachrichtenlosen Konten“ aufzulösen. Auch Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grünen) möchte, dass der Staat „auf Konten und das Geld Zugriffsmöglichkeiten hat, wenn es keine Besitzer mehr gibt“. Banken und Sparkassen wehren sich dagegen: „Das von den Länderfinanzministern beschriebene Pro­blem existiert nicht“, sagt Thorsten Höche, Chefjustiziar des Bankenverbands. „Wenn eine Bank den Kontakt zu ihrem Kunden verliert, dann stellt sie Nachforschungen an, um ihn zu finden. Scheitern diese Versuche, bleibt das Vermögen in jedem Fall erhalten“, so Höche.

Am Freitagvormittag berichtet Walter-Borjans über die Weitergabe von Steuer-CDs an andere europäische Staaten. Die Informationen, die der Landesregierung in NRW vorliegen, sollen den dortigen Behörden helfen, Steuerhinterzieher zu stellen. Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung hatte bereits im April Daten über verdächtige Konten mit einem Finanzvolumen von über 100 Milliarden Schweizer Franken (rund 93 Milliarden Euro) an 27 Staaten weitergegeben. Dort wird geprüft, ob die Erträge ordnungsgemäß versteuert wurden.