Wiesbaden. Noch nie mussten sich die Jugendämter um so viele Heranwachsende kümmern. 42.300 Minderjährige kamen 2015 alleine nach Deutschland.

Im vergangenen Jahr sind so viele alleinreisende junge Migranten und Flüchtlinge wie nie nach Deutschland gekommen. Die Jugendämter nahmen 2015 rund 42.300 Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern ankamen, in ihre Obhut. Ihre Zahl habe „erheblich zugenommen“, berichtete das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden. Der Anstieg betrug 263 Prozent. Das entspricht 30.700 Minderjährigen mehr im Vergleich zu 2014.

91 Prozent der alleinreisenden jungen Migranten waren männlich. Dagegen reisten nur etwa 3600 Mädchen unbegleitet ein. Bislang hätten erst 53 Prozent der 2015 eingereisten unbegleiteten Minderjährigen einen Asylantrag gestellt, berichten die Statistiker unter Berufung auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Hauptgrund sind Engpässe bei den Behörden.

Jugendämter sorgen für 77.600 Heranwachsende

Insgesamt nahmen die Jugendämter 2015 gut 77.600 Kinder und Jugendliche in Obhut. In Summe waren das nur 62 Prozent mehr als im Vorjahr.

Andere Gründe als eine unbegleitete Einreise sind zum Beispiel überforderte Eltern, Probleme bei Schule oder Ausbildung oder Drogensucht. Die Zahl dieser Fälle ging um drei Prozent zurück, wie das Amt berichtete.

Die Statistik wird seit 1995 geführt. Seither markiert das Jahr 2015 „den absoluten Höchststand“, wie Destatis-Mitarbeiterin Dorothee von Wahl sagte. Die Zeitreihe zeigt: Vor fünf Jahren lag die Zahl der Inobhutnahmen insgesamt niedriger als aktuell die Zahl der Flüchtlingsfälle. Von den 36.300 Inobhutnahmen des Jahres 2010 waren nur 2800 unbegleitet eingereiste Jugendliche.

Aus Sicht der Statistikbehörde deckt sich die Zahl der Einreisen unbegleiteter Jugendlicher mit der Zahl der Inobhutnahmen. Der „Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ hingegen glaubt, dass die Zahlen in Wahrheit niedriger sind. Viele seien mehrfach registriert worden. Zudem nehme die Zahl der Neueinreisen Unbegleiteter seit November 2015 deutlich ab. (dpa)