Istanbul. Beobachter werten es als Versöhnungsgeste: Präsident Erdogan hat Anzeigen gegen Oppositionsführer fallen gelassen. Sie reagieren nun.

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu will alle Klagen gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan fallenlassen. Die dazu nötigen Formalitäten wolle man „sobald wie möglich“ erledigen, sagte Kilicdaroglus Anwalt Celal Celik am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Zuvor hatte Erdogan Anzeigen gegen Kilicdaroglu und den Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, zurückgezogen – unter anderem wegen Beleidigung.

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu will seine Klage gegen Erdogan fallenlassen.
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu will seine Klage gegen Erdogan fallenlassen. © dpa | Cem Turkel

Erdogan hatte am Freitag angekündigt, zahlreiche Strafanzeigen zurückzunehmen. Nach Angaben des Senders CNN Türk betrifft das insgesamt 4000 Fälle. Die Staatsanwaltschaft könne unabhängig davon entscheiden, ob sie doch noch einen Prozess beginnen wolle, sagte Erdogans Anwalt Hüseyin Aydin. Beobachter werten Erdogans Schritt als Versöhnungsgeste in Richtung Opposition.

Klage gegen Jan Böhmermann wird nicht fallen gelassen

Beschwerden gegen die pro-kurdische Oppositionspartei HDP bleiben jedoch bestehen. Es geht dabei unter anderem um Fälle von Beleidigung des Staatspräsidenten. Die HDP und alle anderen Oppositionsparteien hatten den Putschversuch vom 15. Juli verurteilt. Bei einem anschließenden Treffen zwischen Erdogan und den Oppositionsvertretern waren die Vorsitzenden der HDP nicht eingeladen.

Auch an seiner Klage gegen den deutschen TV-Satiriker Jan Böhmermann hält Erdogan fest. Dazu sagte einer seiner Anwälte, Ralf Höcker, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur: „Die Ankündigung bezieht sich nur auf die Türkei. In Deutschland ändert sich vorerst nichts.“ (dpa)