Hildesheim. Die Polizei-Razzia einer Hildesheimer Moschee wurde vorab bekannt. Niedersachsens Innenminister Pistorius stellt deshalb Strafanzeige.

Nach der vorab bekanntgewordenen Durchsuchung bei einem mutmaßlichen Salafisten-Verein stellt Niedersachsens Innenministerium Strafanzeige wegen Geheimnisverrat. Der Vorwurf lautet auf „Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht“, die Ermittlungen richten sich gegen unbekannt. Der entsprechende Schriftsatz werde der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover zugestellt, sagte ein Sprecher am heutigen Freitag. „Wir haben diese Anzeige gestellt, weil die Maßnahme massiv gefährdet wurde“, betonte er.

Die Durchsuchung der Moschee des „Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim e.V.“ (DIK) und mehrerer Wohnungen von Vorständen musste nach Angaben von Innenminister Boris Pistorius am Mittwoch übereilt angegangen werden. Grund sei ein Medienbericht über die geplante Aktion gewesen. Pistorius geht davon aus, dass „irgendjemand etwas durchgesteckt“ hat.

Hot-Spot der radikalen Salafistenszene

Wer als Amtsträger Dienstgeheimnisse verrät, muss laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Unklar sei bisher, ob das Informationsleck im eigenen Hause, im politischen oder juristischen Sektor zu suchen sei.

Der DIK sei „ein bundesweiter Hot-Spot der radikalen Salafistenszene“, sagte der SPD-Politiker. Zahlreiche Moschee-Besucher sollen nach Syrien und in den Irak ausgereist sein, um sich der Terror-Miliz Islamischer Staat anzuschließen. Ziel des Innenministeriums ist es deshalb, den DIK zu verbieten.

Mehrere IS-Anhänger der Moschee reisten nach Syrien

Es werde nicht hingenommen, wenn salafistische Vereine und deren Hintermänner die hierzulande geltenden Regeln ignorieren, „die verfassungsmäßige Ordnung in Frage stellen und junge Menschen davon überzeugen wollen, sich dem selbsternannten IS anzuschließen“, sagte Pistorius. „Das werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen.“

Ein Polizist trägt bei der Razzia in Hildesheim einen Karton aus der DIK-Moschee.
Ein Polizist trägt bei der Razzia in Hildesheim einen Karton aus der DIK-Moschee. © dpa | Julian Stratenschulte

Den Sicherheitsbehörden lägen Erkenntnisse vor, wonach im Verein Muslime radikalisiert und zur Teilnahme am Dschihad in den Kampfgebieten motiviert würden. In Predigten, Seminaren und Vorträgen werde zum „Hass gegenüber Ungläubigen“ aufgerufen.

Dutzende Speichermedien beschlagnahmt

Bei der monatelang vorbereiteten Razzia mit etwa 400 Beamten waren unter anderem auch Dutzende elektronischer Speichermedien beschlagnahmt worden. Ihre Auswertung dauere zu diesem früheren Stadium noch an, konkrete Anhaltspunkte für strafbare Handlungen gebe es bisher nicht, hieß es. Ob Verdächtige wegen möglicher Vorwarnungen Beweismittel beiseite geschafft haben, war zunächst weiter unklar.

In Niedersachsen gibt es nach dem Ende Mai vorgelegten Verfassungsschutzbericht 2015 insgesamt mehr als 540 Salafisten. (dpa)