Cleveland. Krönung eines Unbeliebten: Auf ihrem Parteitag in Cleveland nominieren die Republikaner Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten.

Vor vier Jahren in Tampa drohte Hurrikan „Isaac“ die Konservativen in Amerika hinwegzufegen. Der Sturm über Florida drehte in letzter Minute ab. Mit lauwarmem Applaus wurde Mitt Romney vom Delegiertenvolk auf die Zielgerade des Wahlkampfs geschickt. Ergebnis: Zweiter. Erster am Ende: Barack Obama.

Am Montag kündigt sich der republikanischen Partei in Cleveland/Ohio ein Naturschauspiel an, das sich nicht verziehen wird: Donald Trump, Immobilien-Tycoon, Milliardär und Volkstribun will sich nach einjährigem Zermürbungskrieg gegen das Partei-Establishment die Nominierung für die Präsidentschaftswahl am 8. November abholen. Zu dem viertägigen Polit-Zirkus mit knapp 60 Reden und hehren Versprechungen, dem abends Millionen an den Fernsehgeräten folgen, werden 50.000 Gäste und 5000 Delegierte erwartet. Eine Woche später wartet auf Hillary Clinton bei den Demokraten in Philadelphia die gleiche Prozedur.

Vorstellung von Vize Mike Pence misslingt

Was die Kandidaten verbindet: Die meisten Amerikaner mögen sie nicht. Trump hat sich den Ruf des größten Demagogen und Spalters seit George Wallace erworben, der zwischen 1964 und 1976 viermal mit Rassismus pur für das Weiße Haus kandidierte – erfolglos. Clinton gilt dagegen als programmatisch elastische Politikerin mit reichem Erfahrungsschatz, die sich seit 30 Jahren vergeblich die Aura einer unverbrauchten Erneuerin gibt. Bei den Republikanern geht die Angst um, zum dritten Mal hintereinander den Demokraten das Oval Office überlassen zu müssen. Und obendrein vielleicht auch die Mehrheit im Senat.

Mit dem Slogan „Make America Great Again“ zog Donald Trump in den Wahlkampf. Beim Parteitag der Republikaner wird er aller Voraussicht nach die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten annehmen.
Mit dem Slogan „Make America Great Again“ zog Donald Trump in den Wahlkampf. Beim Parteitag der Republikaner wird er aller Voraussicht nach die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten annehmen. © dpa | Tannen Maury

Trump hat die Republikaner im Stile einer feindlichen Übernahme gekidnappt. „Und dies mit einer Kampagne, die ihre Wurzeln in Ignoranz, Vorurteilen und Isolationismus hat.“ Und das sagt kein Demokrat. Sondern Hank Paulson, Finanzminister unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush. Der frühere Bankmanager spricht moderaten Konservativen aus der Seele, die den 70-jährigen Trump für einen politischen Beerdigungsunternehmer halten, der die „Grand Old Party“ zur letzten Ruhe schikaniert.

Trump singt Loblied auf sich selbst

Ein Rohrkrepierer war am Samstag auch die Nominierung seines Vizes Mike Pence (57). Der Journalist Ezra Klein sprach später stellvertretend für viele Beobachter von einer „bizarren Veranstaltung“, die Trump komplett disqualifiziere. Es fing schon an mit der Musik. „You Can’t Always Get What You Want“ von den Rolling Stones konnte kaum als akustischer Vertrauensbeweis für den weißhaarigen Pence gewertet werden. Dann sang Trump, anstatt den national unbekannten Mann aus dem Mittleren Westen ausgiebig vorzustellen, in einem 25-minütigen Monolog lieber ein Loblied auf sich selbst. Was er über Pence zu sagen wusste, klang wie aus einem Wikipedia-Eintrag abgelesen. Der gelernte Jurist, Abtreibungsgegner und Held der evangelikalen Rechten lächelte gequält, wohl nicht zum letzten Mal.

Die Unterschiede zwischen den beiden Männern sind beachtlich. Pence,
als junger Mann Demokrat und John-F.-Kennedy-Fan, kommt aus kleinen, ländlichen Verhältnissen mit irisch-katholischer Prägung. „Ich bin Christ, Konservativer und Republikaner, und zwar genau in dieser Reihenfolge“, sagte der dreifache Familienvater über sich.

Statt Polit-Größen kommen Alt-Wrestler und Box-Promoter

Dass Trump am Ende Pence auswählte, ist Wahltaktik. Trump stößt mit seiner Vergangenheit als schillernder Lebemann und dreifach verheirateter Milliardär in religiös grundierten Wählerschichten auf starke Vorbehalte. Pence gibt ihm Glaubwürdigkeit. Allerdings nicht bei moderaten Wählern.

Niemand der Granden der Republikaner, kein George W. Bush, kein Mitt Romney, wird das Parteitreffen durch Anwesenheit aufwerten. Trumps geschlagene Mitbewerber, Marco Rubio und Ohios Gouverneur John Kasich, sozusagen qua Amt der Gastgeber, lassen sich indigniert entschuldigen. Ebenso fast die Hälfte der 54 Senatoren und viele Kongressabgeordnete. Sie entziehen sich der Ego-Show, der sogar die schrille Polit-Sirene Sarah Palin fernbleibt. In Ermangelung echter Schwergewichte werden Leute wie der Box-Promoter Don King und der Alt-Wrestler Hulk Hogan dem Unternehmer die Stange halten bei seinem Projekt „Make America Great Again“.