Baton Rouge/Cleveland. Drei Polizisten sind bei dem Angriff in Baton Rouge gestorben. Offenbar wurden sie in einen Hinterhalt gelockt – ein Vergeltungsakt?

Es sieht nach einem schrecklichen Vergeltungsakt für den am 5. Juli bei einem höchst umstrittenen Polizeieinsatz getöteten Afro-Amerikaner Alton Sterling aus. Wenige Kilometer von der Stelle entfernt, an der der 37-jährige Familienvater starb, ließen am Sonntagmorgen in Baton Rouge im US-Bundesstaat Louisiana drei Polizisten ihr Leben. Drei weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Einer der Verletzten kämpfe um sein Leben, hieß es von der Polizei. Die getöteten Polizisten waren den Angaben zufolge 32, 41 und 45 Jahre alt.

Die Opfer gehörten teilweise dem Baton Rouge Police Department, teilweise einer lokalen Polizeistation an, dem East Baton Rouge Parish Sherriff’s Office. Diese Einheit hat die Bürger in einem Tweet auf den laufenden Polizeieinsatz und die abgesperrten Straßen hingewiesen:

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Wie Bezirksbürgermeister Kip Holden gegenüber Lokalmedien berichtete, wurden die Cops möglicherweise in einen heimtückischen Hinterhalt gelockt. Die Beamten seien wegen einer Schießerei in die Nähe der Hammond Air Plaza gerufen worden, nicht weit vom Polizeihauptquartier der 230.000-Einwohner-Stadt entfernt.

Ein Schütze von Polizei getötet

Dort sollen nach widerstreitenden Augenzeugenangaben ein bis drei in Schwarz gekleidete Täter mit Sturmgewehren das Feuer auf die Polizei eröffnet haben. Einer der Schützen wurde tödlich getroffen. Später meldeten die Behörden, es habe nur ein Täter die tödlichen Schüsse auf Polizisten abgegeben. „Wir glauben, dass die Person, die auf die Polizisten geschossen und sie getötet hat, tot ist“, sagte der Chef der Staatspolizei, Mike Edmonson. Die Bevölkerung müsse nicht fürchten, dass es derzeit noch „aktive Schützen“ gebe.

Über Hintergründe, Motive und Ablauf des Geschehens lagen zunächst keine gesicherten Informationen vor. Die Polizei untersucht jedoch, „ob es sich um einen Vergeltungsakt gehandelt hat“. Hintergrund: In den vergangenen Tagen hatte die Bundespolizei FBI eindringlich vor so einem Szenario gewarnt. Am Mittwoch wurden drei Verdächtige festgenommen. Carl Dabadie, der Polizeichef von Baton Rouge, sprach von einem „Attentatskomplott“.

Der getötete Schütze Gavin Long stammte laut US-Medienberichten aus Kansas City/Missouri und schoss genau an seinem 29. Geburtstag. Wie es weiter hieß, war der Afroamerikaner früher in einer US-Marineinfanterie und wurde 2010 ehrenhaft aus dem Militär entlassen. Nach Angaben von CNN soll der Irak-Veteran Interesse an obskuren staatlichen Verschwörungstheorien gezeigt haben. Darauf deuteten Internet-Aktivitäten des Mannes hin, der mit dem Online-Alias “Cosmo Setepenra“ unterwegs gewesen sein soll.

Dallas-Schütze Micah Johnson als Vorbild

So soll er unter anderem Micah Johnson, der am 7. Juli in Dallas fünf Polizisten getötet hatte, als „einen von uns“ bezeichnet haben. In einem Youtube-Video soll er außerdem davon gesprochen haben, dass man zurückschlagen müsse und einfacher Protest nicht ausreiche. Einer der getöteten Polizisten war gleichwohl selbst Afro-Amerikaner.

Louisianas Gouverneur John Bel Edwards zeigte sich am Sonntag erschüttert. Die Tat sei eine „unbeschreibliche Attacke gegen uns alle zu einem Zeitpunkt, an dem wir so bitter Heilung nötig haben“, sagte er.

Polizeigewalt gegen Schwarze

Baton Rouge war Ausgangspunkt einer Welle der Gewalt, die die USA schwer erschüttert hat. Nach dem Tod Alton Sterlings, der aus nächster Nähe von der Polizei erschossen worden war, gab es einen ähnlich unverhältnismäßigen Einsatz gegen einen schwarzen Autofahrer in St. Paul/Minnesota. Er starb bei einer gewöhnlichen Fahrzeugkontrolle. Beide Fälle wurden durch Handy-Kameras dokumentiert.

Es kam darauf zu landesweiten Demonstrationen der Bewegung „Black Lives Matter“ (Schwarzes Leben zählt). Dabei nahm ein schwarzer Armee-Veteran in Dallas/Texas furchtbare Rache – er tötete mit Absicht fünf weiße Polizisten. Es war der folgenschwerste Gewaltausbruch gegen „Cops“ seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Durch die tödliche Schüsse von Baton Rouge hat sich die Zahl der in diesem Jahr durch Schusswaffen ums Leben gekommenen Beamten im Dienst auf 31 erhöht - eine Steigerung um 75 Prozent gegenüber 2015, wie das das Internet-Portal „Officer Down Memorial Page“ meldet.

„New Black Panther“-Organisation will mit Waffen demonstrieren

Präsident Obama verkürzte aus diesem Grund seine jüngste Europareise. Bei einem Trauergottesdienst rief er das Land zur Mäßigung auf. Polizei-Brutalität sei ebenso wenig zu rechtfertigen wie Lynch-Justiz gegen die, „die uns beschützen“, sagte Obama. Er sprach von einem „Angriff von Feiglingen“.

Die jüngste Tragödie in Baton Rouge hat die Verantwortlichen für die Sicherheit des am Montag in Cleveland beginnenden Parteitags zur Nominierung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in Alarmstimmung versetzt. Afro-amerikanische Lobby-Verbände, darunter die als militant geltenden „New Black Panther“, haben angekündigt, mit ihren Waffen vor Ort demonstrieren zu wollen. Im Bundesstaat Ohio ist das Tragen von Pistolen und Gewehren für lizenzierte Waffenbesitzer erlaubt. (mit dpa)