Stuttgart/Berlin. Der Streit um Stuttgart 21 ist wieder entfacht. Ministerpräsident Kretschmann will künftig Mehrfach-Abstimmungen über Großprojekte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich dafür ausgesprochen, die Bürger gleich mehrfach über große Infrastrukturprojekte abstimmen zu lassen. „Ich halte das Verfahren, das in der Schweiz bei Großprojekten praktiziert wird, für vorbildlich“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. „Dort werden immer zwei Abstimmungen gemacht: eine erste im Grundsatz und eine zweite, wenn die Finanzierungsfragen geklärt sind.“ Das stärke das Vertrauen in die Politik.

Die Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 habe vor fünf Jahren „einen tiefen Konflikt befriedet“, sagte Kretschmann. „Das war enorm wichtig, auch wenn uns die Niederlage natürlich hart getroffen hat.“ Auf die Nachfrage, ob die Gegner von Stuttgart 21 auf ein zweites Referendum hoffen könnten, antwortete der Ministerpräsident: „Das Ergebnis der Volksabstimmung gilt. Die Landesregierung strebt kein zweites Referendum an.“

Bis zu 4000 Demonstranten gegen Stuttgart 21

Unterdessen sind am Samstag erneut Tausende Menschen gegen Stuttgart 21 auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Polizei demonstrierten auf dem Stuttgarter Schlossplatz rund 2500 Menschen friedlich gegen das umstrittene Milliardenprojekt. Die Veranstalter – ein Aktionsbündnis und eine Parkschützer-Gruppe – zählten sogar 4000 Teilnehmer. Erwartet hatten sie bis zu 7000.

Die Gegner wollten mit der Kundgebung unter dem Motto „Raus aus der Grube – Projekt Zukunft in Stuttgart“ den Druck gegen das Milliardenprojekt aufrechterhalten. Sie forderten, dass die Arbeiten für den unterirdischen Durchfahrtbahnhof gestoppt werden. Sie setzen stattdessen auf eine Modernisierung des Kopfbahnhofes. Am Freitag hatte das Aktionsbündnis einen Alternativvorschlag dazu präsentiert. Danach soll die Baugrube für einen Busbahnhof genutzt werden.

Die Bahn stellt sich quer

Nun liege es am Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne), sich nicht weiter auf dem „Holzweg“ zu verbarrikadieren, sondern den Umstieg auf eine konstruktive Politik zu wagen, sagte ein Sprecher der Parkschützer. Die Bahn erteilte dem erneut eine Absage: „Der Zug für einen Umstieg bei Stuttgart 21 ist längst abgefahren.“

Die Diskussion über das Großprojekt war nach Berichten wieder entbrannt, dass die Kosten bis zu zehn Milliarden Euro steigen könnten. Die Deutsche Bahn AG geht weiter von 6,5 Milliarden Euro aus. (gau/dpa)