Berlin. Die Gesichter bei der Krisensitzung des Parteivorstandes der AfD sind ernst. Kein Wunder: Die Fraktion in Stuttgart ist gespalten.

Normalerweise ist die AfD nicht um starke Worte verlegen. Wenn es aber um die eigene Partei geht, neigen ihre Spitzenkräfte zur Tiefstapelei. André Poggenburg etwa, der Vorsitzende der Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, umschrieb die Situation in der AfD am Freitag so: In Sachen Parteidisziplin habe man noch „Nachholbedarf“. Das ist eine hübsche Formulierung vor dem Hintergrund offener Machtkämpfe an der Spitze und einer gespaltenen Landtagsfraktion in Stuttgart.

Poggenburg und die anderen Mitglieder des Bundesvorstands waren am Freitag nach Berlin gekommen, um das erste Mal seit zwei Monaten wieder an einer Vorstandssitzung teilzunehmen. Es gab einiges zu bereden. Zum Beispiel den Konflikt zwischen den beiden Bundesvorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen, aber auch die Zustände in Stuttgart, wo AfD-Mitglieder im Landtag in zwei verschiedenen Fraktionen sitzen und ein Mitglied ganz ohne Fraktion ist. Aber natürlich ging es am Freitag auch einfach um das Erscheinungsbild des Vorstands.

Frauke Petry und Jörg Meuthen begrüßen sich mit einem Bussi. Danach wurde es ernst.
Frauke Petry und Jörg Meuthen begrüßen sich mit einem Bussi. Danach wurde es ernst. © dpa | Rainer Jensen

Vor gut einer Woche, als Petry unangemeldet und unerwünscht nach Stuttgart gereist war, hatte Meuthen sie vor laufenden Kameras angefaucht. Dazu kam es gestern nicht. Man begrüßte sich zwar kühl, aber mit Wangenkuss und tauschte Freundlichkeiten aus. Meuthen und sie führten „weiterhin die Partei zusammen“, sagte Petry. Einige Vorstandsmitglieder erschienen mit verkniffener Miene und wortlos, was andere wiederum lobend zur Kenntnis nahmen: „Wenn die Kollegen doch einfach mal schweigen würden.“

Wie der Beschluss umgesetzt werden soll, bleibt unklar

In der Sache gab es wenig Fortschritte. Die größte Baustelle, das Fraktionschaos in Baden-Württemberg, bleibt eine Baustelle. In einer Erklärung, die der Bundesvorstand verabschiedete, hieß es, die Partei könne im Stuttgarter Landtag nur durch eine Landtagsfraktion vertreten werden. Das zu erreichen sei Aufgabe des Landesverbands. Aber: „Der Bundesvorstand wird diesen Prozess aktiv unterstützen.“ Wie das funktionieren soll, ist unklar, denn der offene Streit zwischen Meuthen und Petry hatte sich genau daran entzündet, dass Petry als Bundeschefin nach Stuttgart kam, um die Lage dort zu bereinigen. Meuthen, zwar selbst Bundeschef, aber auch Landesvorsitzender, hatte sich diese Intervention verbeten und Petry im Landtag sogar Hausverbot erteilen wollen.

Meuthen führt nun eine Fraktion mit 14 Mitgliedern, die sich „Alternative für Baden-Württemberg“ nennt und sich als die legitime Vertretung der AfD sieht. Petry dagegen sagt, die Rumpffraktion stehe für die AfD. Ob eine Partei durch zwei Fraktionen vertreten sein kann, prüft die Landtagsverwaltung gerade. Der Konflikt hatte sich an dem Abgeordneten Wolfgang Gedeon entzündet, von dem judenfeindliche Äußerungen dokumentiert sind. Gedeon ist inzwischen fraktionslos, aber noch AfD-Mitglied. Meuthen will ihn auch aus der Partei ausschließen lassen. Im Landesverband Baden-Württemberg gibt es nun Überlegungen für einen Sonderparteitag, bei dem eine neue Landesspitze gewählt und damit wohl auch über das politische Schicksal Meuthens entschieden werden soll.

Die Vermutung, dass Teile der Bundesspitze wiederum Petry loswerden wollen, wies Vizechef Alexander Gauland gestern zurück: „Die Frage ist nur, wie man zusammenarbeitet.“ Auch Vorstandsmitglied Poggenburg forderte Petry und Meuthen auf, sich zusammenzuraufen: „Wer das nicht kann, muss sich überlegen, ob er an der richtigen Stelle sitzt.“ (mit dpa/rtr)