Berlin. Bundestagsabgeordneten ist der Besuch deutscher Soldaten in der Türkei verboten worden. Der Wehrbeauftragte droht nun mit der Nato.

Im Streit über den Zugang zu den in der Türkei stationierten deutschen Soldaten hat der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, damit gedroht, die Nato einzuschalten. „Wie die Türkei mit einzelnen ihrer Nato-Partner umgeht, wäre, wenn es sich nicht bilateral klären lässt, irgendwann ein Thema für die offiziellen Nato-Gremien“, sagte der SPD-Politiker dieser Redaktion. Bundestagsabgeordneten war nach der Armenien-Resolution der Truppenbesuch bei deutschen Soldaten in Incirlik verweigert worden.

Der Verteidigungsausschuss will sich nicht von der Türkei abwimmeln lassen und pocht auf einen Besuch der deutschen Soldaten in Incirlik. „Wir wollen auch Einrichtungen der Nato besuchen und Gespräche mit Abgeordneten in Ankara führen. Im nächsten Schritt wird eine entsprechende Note an die türkische Regierung übermittelt“, sagte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich (SPD) dieser Redaktion. „Dies geschieht ohne Zeitdruck. Dann werden wir weitersehen.“ Hellmich betonte: „Nachdem gerade der Nato-Gipfel in Warschau die Wertegemeinschaft der Nato betont hat, gehe ich davon aus, dass den Rechten von Abgeordneten in einem demokratisch organisierten Bündnis voll umfänglich Rechnung getragen wird.“

Der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten, hatte zuvor in der „Heilbronner Stimme“ angekündigt, er werde im August einige Tage Urlaub in der Türkei machen „und bei dieser Gelegenheit unsere Soldaten in Incirlik besuchen“. Dass sich die Tore des Stützpunkts der türkischen Luftstreitkräfte für von Stetten öffnen werden, ist aus heutiger Sicht aber unwahrscheinlich.

Das Besuchsverbot geht direkt auf Erdogan zurück

Das Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete bei den Bundeswehrsoldaten, die sich seit Ende 2015 mit Tornado-Aufklärungsflügen von Incirlik aus am Kampf gegen die IS-Terrormiliz beteiligen, bleibt bestehen. Daran haben auch der Besuch von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Anfang Juli in Ankara und das Gespräch von Kanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beim Nato-Gipfel nichts geändert.

Bei Erdogan war Merkel an der richtigen Adresse, denn das Verbot geht auf ihn direkt zurück. Er reagierte damit auf die Resolution, mit der der Bundestag Anfang Juni die Armenierverfolgungen im Osmanischen Reich als Völkermord einstufte. Die Kontroverse um Incirlik und die Armenier-Resolution offenbart grundlegende Unterschiede in der politischen Kultur beider Länder. Das Konzept einer Parlamentsarmee ist Präsident Erdogan offenbar fremd. Es entspricht weder dem Selbstverständnis der türkischen Streitkräfte, noch der politischen Tradition der Türkei. Auch Erdogans Forderung, die Kanzlerin müsse die Entschließung des Bundestags zum Völkermord an den Armeniern öffentlich missbilligen, zeigt ein diametral anderes Verständnis von der Rolle des Parlaments und der Gewaltenteilung in einer Demokratie. (ak/cu)